Ralf Schönbach

Karl May - So war sein Leben?!

Die Karl-May-Romanbiographien


[Dies ist die ursprüngliche Fassung des Horen-Artikels (Die Horen. Zeitschrift für Literatur, Kunst und Kritik. Bd. 178 (1995), S.81-103.) wie der Verfasser sie auf seiner Festplatte hatte.]


Die Reihe der Romanbiographien (1) über Karl May hat gerade auch in den letzten Jahren Zuwachs erhalten. Der Terminus »Romanbiographien« bezeichnet dabei die Zwitterstellung, die die behandelten Werke einnehmen. Sie sind auf einer Skala anzusiedeln, die von der romanhaften Biographie bis zum biographischen Roman reicht, »biographisch« insofern, als die reale Person May mit ihrer historischen Biographie in ein mehr oder weniger fiktives Umfeld eingebunden wird, "romanhaft" insofern, als die Biographie Mays aufgrund fiktiver Zutaten historisch mehr oder weniger genau erzählt wird.

Die Faszination, die von diesem Leben ausgeht, scheint also ungebrochen. Stand bei den ersten Versuchen dieser Art das Fehlen einer fundierten May-Biographie im Hintergrund, so steht dem Autor von heute eine umfangreiche Forschungsliteratur zur Verfügung. Die Karl-May-Romanbiographien spiegeln also die Forschungsgeschichte wider. Sie sind ein wichtiger Bestandteil der May-Rezeption. Daher schien es sinnvoll, die zum Teil nicht mehr greifbaren Texte einmal vorzustellen. Eine genauere Untersuchung erfahren dabei die literarisch wichtigsten Vertreter: Erich Loest und Otto Kreiner.


I. Karl Heinz Dworczak: Karl May. Das Leben Old Shatterhands (2)

1935 legte Dworczak sein Buch vor. In einer Zeit, wo von einer biographischen Karl-May-Forschung im eigentlichen Sinn keine Rede sein konnte, andererseits aber die Beliebtheit dieses Autors weiterhin sehr groß war, wollte Dworczak eine »Antwort auf die Frage, wie der Gefeierte gelebt hat, wie er zu seinen Werken gelangte« (5) geben: »Karl May, wie er wirklich war.« (5) In seiner Vorrede betont Dworczak, daß dieser »Lebensroman des Romanschriftstellers (...) auf Grund sachlicher Forschungen« (5) geschrieben worden sei.

Der Roman ist in drei große Abschnitte unterteilt, >Traurige Kindheit< (7-63), >Suchen und Ringen< (65-148) und >Bürgerliche Ruhe< (149-242). Die beiden ersten Abschnitte enthalten jeweils drei, der letzte vier Kapitel, die ohne Überschrift bleiben. Jedem Kapitel steht ein Motto voran, das dem Werk so illustrer Geister wie Goethe, Friedrich Hölderlin, Friedrich Rückert, Jean Paul und Jean-Jacques Rousseau entnommen ist. Das Erzähltempus ist Präsens. Dworczak baut unkomplizierte kurze Sätze. Fast schon penetrant häufig ist die Verwendung von rhetorischen Fragen und Ausrufen, die meist mit >wie< eingeleitet werden.

Die Hauptquelle Dworczaks ist Mays Autobiographie >Mein Leben und Streben< (3), aus der Dworczak häufig zitiert. Dabei ist er sich im klaren: »Das Buch ist voll von Erinnerungstäuschungen.« (204) Er benutzt die Radebeuler Bearbeitung, so daß May Sätze als authentisch in den Mund gelegt werden, die er nie geschrieben hat: »>Nein: Volksschriftsteller (4) wollte ich sein!<« (207) Auch Mays >Winnetou< zitiert Dworczak- ebenfalls aus der Bearbeitung.

Daneben wird deutlich, daß der Autor die damals vorhandene Sekundärliteratur, also vornehmlich die alten Karl-May-Jahrbücher, kennt. Seine Schilderung der Genese der drei Winnetou-Bände und der Entwicklung der Figur Winnetou beruht ersichtlich auf Franz Kandolfs Aufsatz >Der werdende Winnetou< (5). Er folgt in der Darstellung von Mays Kindheit, Jugend und schriftstellerischen Anfängen ganz Mays eigener Schilderung. Daher erfährt man auch nichts Neues über Mays Straftaten. Dworczak formuliert aber auch eigene Einschätzungen Mays: »Der junge Zwangsneurotiker mit dem stark ausgeprägten Selbstgefühl und der überhitzten Phantasie ist auf dem besten Weg, ein Schwindler, ein Hochstapler zu werden.« (36).

An mehreren Stellen im Buch werden die angeblichen Frühreisen (6) Mays nach Afrika und Nordamerika kolportiert, doch räumt Dworczak vorher ein: »Manches im folgenden Geschilderte mag zutreffen, manches auch nicht.« (37). Andere Legenden stehen ohne relativierende Bemerkung da, so heißt es z. B. zu den >Geographischen Predigten< (7): »Wir haben es zum größten Teil mit den Vorträgen zu tun, die Karl May auf den frühen Reisen, vor allem in der Schweiz, gehalten hatte, um seinen Unterhalt davon zu bestreiten.« (69).

Schließlich fällt aber bei der Schilderung der USA-Reise Mays von 1908 auf, daß die von Klara May in die Welt gesetzte Behauptung, May sei für einige Zeit alleine in den Westen gefahren, bewußt nicht erwähnt wird (vgl. S. 230ff.), während andererseits die Mär, May habe auf der Überfahrt als einziger an Deck an einen Mast gebunden dem Sturm getrotzt, nicht fehlt. Zu Mays Einstellung zu seinen Straftaten bemerkt Dworczak: »Die Vergangenheit ist tot. Für dieses Vergessenwollen setzt er eine Energie ein, die seinem Wesen bisher eigentlich fremd war.« (67). Für Dworczak ist auch offensichtlich, daß sich der Gedemütigte in den Gestalten Old Shatterhand und Kara Ben Nemsi ein Wunsch-Ich schuf (vgl. S. 135). Dworczak fragt apologetisch: »Ist es nicht selbstverständlich, daß dieser Mensch, der sein ureigenstes Leben nie wirklich lebt, sich auch die Ergänzung seines Ich erdichtet?« (107). Die Old-Shatterhand-Legende (8) ergibt sich dann fast zwangsläufig: »Zur Scham über seine Vergangenheit gesellt sich eine gewisse berechtigte Freude über seinen inneren und äußeren Aufstieg. Je angesehener sein Name wird, desto mehr betont er, daß Old Shatterhand gleichbedeutend sei mit dem Schriftsteller Karl May.« (106).

In der Einschätzung von Mays Ehe mit Emma Pollmer folgt Dworczak May nicht sklavisch, sondern resümiert: »Und als sie nach zweiundzwanzigjährigem Beisammensein auseinandergehen, sehnt sich der für eine wirkliche Ehe seinem ganzen Wesen nach wahrscheinlich überhaupt Ungeeignete nur mehr nach einer >schwesterlichen Helferin<, die er später in Frau Klara Plöhn finden soll.« (79). Auf die Umstände um Mays Scheidung und zweite Heirat wird nicht näher eingegangen (9). Es heißt nur: »(...) und es ergibt sich wie von selbst, daß die beiden Einsamen [Karl May und Klara Plöhn] (...) den Bund fürs Leben schließen.« (222). Klara May »darf das Verdienst für sich in Anspruch nehmen, den durch die jahrelangen Angriffe körperlich und seelisch Gebrochenen wieder aufgerichtet und seinem Leben wieder Inhalt und Ziel gegeben zu haben.« (225). Diese Einschätzung kann heute noch so stehenbleiben.

Auch Mays Werk behandelt Dworczak. Er schreibt May von Anfang an erzieherische Ambitionen zu und erklärt den Erfolg des >Volksschriftstellers<: »Um das Volk erzieherisch beeinflussen zu können, bedarf es einer primitiven Art der Darstellung. Und weil er diese von Anfang an besitzt und auch beibehält, bleibt ihm der Erfolg treu.« (42).

Neben den im Werk vertretenen Wunsch-Ichs Mays sieht Dworczak überhaupt die enge Verquickung von Leben und Werk bei May. An das in der neueren Forschung manchmal mit übertriebenem Eifer betriebene Suchen nach >Spiegelungen< im Werk erinnert die Erklärung Dworczaks für die Beschuldigung Old Shatterhands (10), in New Venango die Ölquellen in Brand gesteckt zu haben: Das sei eine Spiegelung des auf May gefallenen Verdachts, ein Gehöft angezündet (11) zu haben.

Dworczak baut eine ganze Reihe weiterer Informationen in sein Buch ein. Es ist die Rede von Mays Arbeitsweise, seinen Quellen, seiner Bibliothek (123--127); die >Villa Shatterhand< wird beschrieben (153--156), Auflagenzahlen werden genannt (151) und auch von der Indianerfeier an Mays Grab (12) im Jahre 1928 wird berichtet (239--241). Das Buch ist auf der anfangs definierten »Skala« eher im Bereich romanhaften Biographie anzusiedeln. Einerseits geht Dworczak an keiner Stelle über verbürgte Fakten oder von Anderen kolportierte Legenden hinaus, bringt keine wörtliche Rede, gibt keine eigenständigen Urteile ab, andererseits finden sich personal erzählte Passagen. So heißt es beispielsweise: »Wenn er heute in seiner Zelle über die abenteuerliche Geschichte nachdenkt (...)« (54).

Die Informationen über Leben und Werk Karl Mays entsprechen der damaligen Forschungslage, heute ist das Buch aber weitgehend überholt.


II. Franz Josef Weiszt: Karl May. Der Roman seines Lebens (13)

Nur fünf Jahre nach Dworczak machte sich Weiszt daran, das Leben des »großen Dichters« zu beschreiben, der »aber auch ein Mensch von seltener Größe gewesen ist.« (5). Sein mit nicht zu überbietender Pathetik überladenes Vorwort steht unter dem Motto »Ein heldischer Dichter, ein heldischer Mensch« und läßt mit dieser Terminologie den Nationalsozialismus im Hintergrund gleich erahnen. Das Vorwort schließt: »So aber lautet Karl Mays Vermächtnis: Aufwärts - durch Kampf zum Sieg! Im Felde, August 1940. Franz Josef Weiszt.« (6). Im eigentlichen Text ist dann auch einmal vom französischen Erbfeind die Rede und von der »Gründung eines glanzvollen deutschen Kaiserreiches« (23). Die Kolonialpolitik von Engländern, Franzosen und Amerikanern wird angeprangert: »Ein Schandfleck für die weiße Rasse [!], wie sie gegen die Indsmen vorgegangen ist.« (79). Es sind auch nicht die Mächte von Ardistan, die May bedrängen, sondern es heißt: »Die Plattform wankte, auf die er sich gerettet hatte vor den andrängenden Mächten untermenschlicher [!] Versuchung.« (165). Der Höhepunkt ist schließlich erreicht, wenn der Erzähler feststellt: »In der Tat- stets vertritt Karl May mit allem Nachdruck die Auffassung, die auch die unsrige ist: Der deutsche Mensch ist kraft seiner Fähigkeiten und kraft seiner rassegebundenen Anlagen den Angehörigen aller anderen Völker überlegen (...)« (322).

Weiszts Roman wird auf seinen 334 Seiten nur durch Sternchen in Abschnitte geteilt. Es gibt keine Kapitel, keine Überschriften. Weiszt erhebt den Anspruch, die »Wahrheit, und nur in einzelnem Beiwerk« (6) Erdichtetes zu bieten. Der Roman setzt mit Mays Entlassung aus Waldheim ein, um dann seinem Lebensweg bis zum Tode zu folgen. Die Jugend wird dabei in Rückblenden erzählt. Der Autor zeigt sich nicht ganz so gut über May informiert wie Dworczak. Hauptquelle ist auch hier Mays Autobiographie, die nicht nur in wörtlichen Zitaten, sondern auch in Paraphrasen bis in die Dialoge hinein eingearbeitet wird. Die Frühreisen-Legende wird breit ausgemalt; Weiszt gibt sogar ein konkretes Datum als Beginn einer Reise an, die May über London in die USA geführt haben soll (vgl. S. 66). Ausgiebig zitiert wird auch aus Mays Werken. Die Sprache kann man mit Attributen wie schwülstig, pathetisch oder überladen beschreiben. Auch Weiszt setzt oft die rhetorische Frage und den Ausruf ein. Substantive werden in der Regel mit mindestens zwei Attributen versehen.

May tritt im Roman als schwache Persönlichkeit in Erscheinungganz im Gegenteil zu den Erwartungen, die das Vorwort weckte, auch wenn da die Rede davon ist, May sei deshalb ein Held, weil er »im Kampf gegen sich und um sich selbst« (6) gesiegt habe. Sowohl Mays früher Verleger Münchmeyer als auch seine Frau Emma haben leichtes Spiel mit ihm: »(...) er hatte die Willenskraft nicht, sich zur Wehr zu setzen. Er blieb passiv. Zog sich in die Stille des Arbeitszimmers zurück und betäubte sich im Schreiben.« (259). »Es war die Taktik eines Menschen, der nicht nur gutherzig und weich ist, sondern - schwach.« (246).

Als Wendepunkt in Mays Leben betrachtet Weiszt die Bekanntschaft mit den Plöhns, die er viel zu spät ansetzt (14), und die Heirat mit Klara: »Was der 61jährige all sein Leben hindurch ersehnt hatte - jetzt fand er es. Die schwesterliche Helferin. Die Frau, die an ihn glaubte, die bereit war, ihn zu führen.« (339).

Hier endet Weiszts Roman, die Zeit der Prozesse bis zum Tod wird nur noch ganz kurz skizziert.

Weiszt führt im Gegensatz zu Dworczak eigene Figuren ein, gestaltet erfundene Szenen aus. So renommiert May mit dem wohlwollenden Brief Peter Roseggers (15) vor einem Oberlehrer Doktor Tannenberg (vgl. S. 271). Der Renommiersucht auf der einen Seite entspricht auf der anderen Seite die Unfähigkeit Mays, eine Konfrontation mit seiner Vergangenheit zu verarbeiten: Weiszt läßt May einmal einem Ex-Sträfling begegnen und völlig hysterisch reagieren: Er wirft diesem, der keinerlei Forderungen gestellt hat, sein Geld vor die Füße, bittet ihn zu schweigen und rennt davon (vgl. S. 285ff.). Fragen Plöhns nach seiner Vergangenheit als Lehrer werden nicht beantwortet (vgl. S. 327).

Seine Werke und insbesondere die Identifikation mit seinen Helden dienen May als Fluchtraum vor der Vergangenheit: »Wie herrlich, alles ablegen zu können, was im Leben des Alltags bedrückte, niederzog, klein machte! War nicht alles ausgelöscht, was einst gewesen war? Hungerjahre der Jugend, entbehrungsreiche Seminaristenzeit, Jahre des Grauens Ich - Old Shatterhand! Ich - Kara Ben Nemsi!« (305f.).

Neben dem Erzähler meldet sich der Autor selbst häufig zu Wort und gibt Informationen. Es ist die Rede von der Gedenktafel an Mays Geburtshaus, vom Karl-May-Museum, von der ersten Dissertation über Karl May von Heinz Stolte, von der Förderung Sascha Schneiders durch Karl May oder auch von der Karl-May-Stiftung. (16) May wird auch ganz konkret gegen Kritiker in Schutz genommen: Auch Schiller habe den Wilhelm Tell nie gesehen, müsse also Winnetou historisch sein? (vgl. S. 296).

Festzuhalten bleibt: Weiszts Buch ist der eigentlich erste Roman über das Leben Karl Mays. In den Fakten ist es noch weniger zuverlässig als Dworczaks Werk. Sprachlich-stilistisch bewegt sich der Roman auf einem sehr niedrigen Niveau. Darüber hinaus schreckt Weiszt an der einen und anderen Stelle nicht vor einer pathetischen Verherrlichung Mays zurück, auch wenn er an anderem Ort die Schwächen dieser Persönlichkeit nicht übersieht. Schließlich steht in diesem Roman ganz deutlich die nationalsozialistische Ideologie im Hintergrund, der Karl May dienstbar gemacht werden soll.


III. Fritz Barthel: Letzte Abenteuer um Karl May (17)

1955 erschien im Ustad-Verlag Bamberg das Buch des Journalisten Fritz Barthel, der Karl May noch persönlich kennengelernt hatte und 1918-1920 Mitherausgeber der damaligen Karl-May-Jahrbücher war.

Das Buch ist kein Roman über Mays Leben, sondern ein in der ersten Person auf 260 Seiten und in 18 nicht durchnumerierten Kapiteln erzählter romanhafter Erlebnisbericht über Barthels Zusammentreffen mit Karl May. Der Text muß um 1949 entstanden sein; auf Seite 123 gibt der 1881 geborene Autor 68 Jahre als sein gegenwärtiges Alter an.

Nach einem zweiseitigen Vorspann, in dem Winnetou und Old Shatterhand auftreten, springt Barthel medias in res: »Zwölf Uhr mittags. Ich sitze in der Herzkammer einer Weltzeitung als Chef vom Dienst.« (6). Barthel erfährt von der am nächsten Tag bevorstehenden Gerichtsverhandlung Mays gegen Rudolf Lebius 1910 (18): »>Waaa... Ka- Ka - Karl May? Warum sagen Sie das nicht gleich? - Ich lege Sie um zum Steno! Hundert Zeilen! - Für vierte Spalte!<« Karl May? Eine flüchtige Sekunde lege ich die Hand an die Stirn. Wie war das? Old Shatterhand?- Mein Schwarm? Meine Knabenliebe? - Vor Gericht?« (11).

So geht es weiter, in einem reißerisch-hastigem Erzähltstil, der dem Erzähltempus Präsens, der Verwendung von kurzen Sätzen sowie der nicht zuletzt durch Dialoge erreichten Angleichung von Erzählzeit an die erzählte Zeit erwächst. Barthel verwendet häufig übertrieben eindringliche Bilder: »Sein Blick spricht Leitartikel. Aber - er schweigt.« (11) »Mir greift es mit knöchernen Fingern nach dem Herzen, indes ich vor dem noch feuchten Seitenabzug sitze.« (25). Karl May ist für Barthel der unangreifbare geniale alte Dichter, »unser Old Shatterhand« (15), »der Westläufer aus Radebeul« (219), »der dichterische Seher« (227) und der »Dulder von Radebeul« (98), der unter den Prozessen und Presseangriffen seiner letzten Lebensjahre »den Weg von Golgatha« (39) geht.

Und hat man nicht, wenn Barthel in der folgenden Darstellung beschreibt, wie er May im Gerichtssaal zum ersten Mal sieht, den Eindruck, hier trete jemand eher dem Erlöser selbst gegenüber denn einem Menschen aus Fleisch und Blut?: »Meine Augen fliegen durch den Saal - sie suchen den Mann, um dessentwillen ich hierher geeilt bin: den Helden meiner Knabenzeit - aus drei Dutzend Bänden- Old Shatterhand Kara Ben Nemsi - Karl May. Und - da - steht- er. In dem freien Raum zwischen den Stuhlreihen und dem Richtertisch, hoch aufgereckt, den Rücken mir zugekehrt. Das muß er sein- ER. Mir ist, als ginge ein Zucken durch den schweren Körper, so, als habe er eben einen schweren Schlag erhalten.« (48).

Barthel läßt May, der im historischen Prozeß ohne Rechtsbeistand erschien und sich wohl recht unbeholfen verhalten hat, auf über dreißig Seiten Verteidigungsreden halten, die zum größten Teil Gedanken bekannter Äußerungen Mays enthalten. Einmal gibt Barthel vorsichtshalber an, daß er sich bei seinen Schilderungen auf sein Gedächtnis verlassen muß, weil »durch den Zusammenbruch (s)eines Vaterlandes all (s)ein persönliches und literarisches Gepäck« (62) verloren ging.

Barthel sieht May in diesem Prozeß »den Kampf seines Lebens« (63) gegen Rudolf Lebius kämpfen: »Da steht sein Todfeind Santer-Lebius - kaum drei Schritt von ihm entfernt. Ein Sprung und er wäre bei ihm.« (63). 1924 will Barthel dann Lebius auf einer Tagung begegnet sein und ihn vor einer »ausgewählten Schar von etwa fünfundvierzig deutschen Männern und Frauen« (254) - »Der unterdrückte Groll eines ganzen Menschenalters war mit einem Schlage erwacht und drängte zur Explosion.« (256) - hinausgeworfen haben: »>Herr Rudolf Lebius! (...) Seit zweiundzwanzig Jahren warte ich auf diesen Augenblick, um Ihnen - vor Zeugen - ein paar Worte zu sagen: In meinen Augen sind Sie der Mörder Karl Mays!< (...) Ich hob die Hand und wies über die Köpfe der Umstehenden hinweg zum Ausgang. >Hinaus!< sagte ich scharf. Und da er zögerte, wiederholte ich lauter und schärfer: >Hinaus!<« (257f.).

Auch alle anderen Personen, mit denen May in seinem Leben aneinandergeraten ist, sind aus Barthels Sicht an May schuldig geworden. Den Leiter des Lehrerseminars von Waldenburg, von dem May wegen seines Kerzendiebstahls verwiesen wurde, nennt er den »Waldenburger Unmenschen« (32), der Fabrikbuchhalter, der May wegen Uhrendiebstahls anzeigte, ist ein »trüber Zeitgenosse« (31) und eine »unmenschliche Erscheinung«. Für beide Fälle zitiert Barthel über beinahe sechs Seiten hin aus Mays Autobiographie.

Emma Pollmer, die angeblich wichtige Briefe Münchmeyers verbrannt hat, hat ein »düsteres Innere(s)« (23), ist eine »verräterische Frau« (24) mit einer »zerrüttete(n) Frauenseele« (23). Auch sie trifft Barthel nach Mays Tod wieder, und zwar auf einer Versammlung von Karl-May-Freunden: »>Sie wissen, daß Sie sich hier im Kreise treuester Freunde Karl Mays befinden. Deshalb möchte ich Sie fragen, aus welchem Grunde Sie unsere Veranstaltung aufgesucht haben. Ist es - Reue?<« (214). Der enthusiastische May-Verehrer Barthel treibt die Frau auf diese Weise bis hin zu einem hysterischen Ausbruch, um dann festzustellen: »>Arme Frau!< sage ich in ehrlichem Mitleid.« (216).

Andererseits entpuppen sich im Roman viele Personen als Karl-May-Freunde. So ein Offizier des Arbeiter- und Soldatenrates, der sogar den Spitznamen >Hobble Frank< trägt, und den Abgesandten des Karl-May-Verlages bereitwillig die vorher beschlagnahmten berühmten Gewehre Mays wieder zurückerstattet (vgl. S. 231-42). Selbst K. H. ist May-Fan: »K. H. - das bedeutet Kaiserliche Hoheit. Mit dieser bequemen Abkürzung pflegte man den Kronprinzen im engeren Kreise zu bezeichnen. (19)« (42).

Barthel selber versucht, mit May über dessen Situation zu sprechen: »>Darf ich offen zu Ihnen sprechen, verehrter Meister?<« (125). May schließlich: »>Sie sind der erste, der mir meine Lage klar gezeichnet hat. (129) (...) Und da Sie mir in so kurzer Zeit ein so guter Freund geworden sind, möchte ich mit Ihnen über (...) meine Jugend sprechen!<« (135) Die »unausgesprochene Frage« Barthels, ob er in Amerika gewesen sei, beantwortet May mit »>Ja, ich war!<« (132).

»Das seltsamste der Abenteuer« (242) bildet »die dritte, die überragendste, ja eine überwältigende Begegnung mit Karl May.« (246); mit Hilfe eines seltsamen Apparates empfangen das Ehepaar Barthel und eine befreundete Familie ein Gedicht Karl Mays aus dem Jenseits. Aber der hatte ja schon zu seinen Lebzeiten zu verstehen gegeben: »>Wenn es mir möglich ist, so will ich auch noch aus dem Jenseits wirken!- Ich will!<« (151).


IV. Albrecht Peter Kann: Karl May. So war sein Leben.

Das 160 Seiten starke Buch von Kann stellt eine Bearbeitung einer Illustriertenserie aus den fünfziger Jahren dar. (20) Kann, der vorgibt, »viele Jahre lang alles, was Karl May betrifft, mit wahrem Feuereifer studiert« (7) zu haben, möchte »die dramatische und einzigartige Lebensgeschichte eines Mannes, der aus dem Abgrund tiefsten Elends durch eigene Kraft zu den höchsten Höhen menschlichen Ruhmes stieg« (5), »frei nacherzählen« (8).

Wahrscheinlich folgt der Roman in seiner Unterteilung in 49 kleine Kapitel der Erstveröffentlichung. Diese tragen allesamt recht sprechende, mitunter sogar reißerische Überschriften. Nach einer Einleitung, die anscheinend nach »May-Brauch« mit »Howgh! Ich habe gesprochen« (9) beendet werden mußte, beginnt die Handlung mit Mays erster Verhaftung 1862. Anschließend wird die Jugend Mays im Rückblick erzählt, danach sein Leben chronologisch bis zu seinem Tod verfolgt.

Kann berichtet dann von der Gründung des Karl-May-Verlages, von den May-Lesern Albert Schweitzer und Albert Einstein sowie von seinem Enkel, der auch noch zu Karl May findet. Schließlich läßt er sich über »Karl May - und die Gestalten seiner Romane« und über May als Lyriker aus. Dabei findet Kann im bekanntlich von Franz Kandolf bearbeiteten und - was die Halef-Passagen angeht - neu geschriebenen Band >Allah il Allah!< des Karl-May-Verlages eine »ebenso schöne wie typische Stelle« (156) und jubelt: »Welch bezeichnender Dialog!«

Das Alterswerk verwirft Kann: »(...) sein großes Talent hatte die Leuchtkraft verloren, war an den Schicksalsschlägen zerbrochen.« (131). May sei aber »sehr wohl auch ein Dichter (gewesen), der zu Herzen gehende Gedichte schreiben konnte.« (158): Es wird Mays >Im Alter< zitiert, »eine seiner letzten Arbeiten, kurz vor seinem Tode niedergeschrieben.« Dieses Gedicht entstand bekanntlich auf Mays Orientreise. Helmut Schmiedt hat auf die Ungeheuerlichkeit hingewiesen, daß Kann einen Brief Thomas Manns an Otto Forst-Battaglia als Brief an Karl May zitiert. (21)

Der Roman handelt im Kolportagestil plakativ die bekannten Lebensstationen Mays ab. May, »hochgewachsen und kräftig« (9), »groß und kräftig« (132), wird zu einer rein positiven Figur stilisiert. (22) So heißt es über seine Straftaten: »Wenn die Dämmerung niedersank, trieb es ihn hinaus. Nie brachte er etwas mit heim in sein Quartier. Er verschenkte meist die Beute oder warf sie achtlos weg. Später ekelte er sich vor sich selber.« (53). Die Frühreisen-Legende kommt auch bei Kann nicht zu kurz. Dabei gibt er in einem Einschub zu, daß allerneueste Forschungen derartige Vermutungen »recht unwahrscheinlich« (68) machen. Es sei ein »unlösbares Rätsel« (77), ob May in Afrika war, »Indizien« scheinen Kann aber dafür zu sprechen. Hauptquelle für Kann ist >Mein Leben und Streben<. Es ist aber auch deutlich zu erkennen, daß er Dworczak gelesen hat. Ohne Übertreibung kann gesagt werden, daß Kanns Buch die in den Fakten unzuverlässigste aller Romanbiographien über Karl May ist. Es ist unverständlich, wie dieser Text 1979 als Buch erscheinen konnte.


V. Erich Loest: Swallow, mein wackerer Mustang (23)

Loests Roman hat in der Reihe der belletristischen Maybiographien bisher am meisten Beachtung gefunden und wurde am höchsten eingeschätzt. (24) Daher soll er im Mittelpunkt dieser Arbeit stehen.

1. Entstehungsgeschichte

Erich Loest wurde am 24. Februar 1926 in Mittweida geboren. (25) Am Ende des Krieges war er Soldat. Nach dem Krieg arbeitete er als Hilfsarbeiter, dann als Journalist bei der >Leipziger Volkszeitung< und lebte seit 1950 als freier Schriftsteller. Zunächst Mitglied der SED und Funktionär im Schriftstellerverband der DDR, geriet Loest in Konflikt mit dem Staat und wurde 1957 verhaftet. Für sieben Jahre wurde er in Bautzen inhaftiert. Nach seiner Entlassung 1964 schrieb Loest zunächst unter dem Pseudonym Hans Walldorf politisch unverfängliche Kriminalromane: »Ich kapierte bald: Für den Schriftsteller Loest war nur eine Auflage pro Jahr vorgesehen; er sollte nicht zu vehement auf sich aufmerksam machen. (...) Aber für einen Hans Walldorf war Papier vorhanden (...)«. (26)

1973 erschien der Roman >Schattenboxen< (27), in dem Loest die Probleme eines entlassenen Strafgefangenen thematisierte und damit eigene Erfahrungen verarbeitete. Das Manuskript hatte schon 1971 vorgelegen. (28) Im Dezember 1974 schloß er mit dem Mitteldeutschen Verlag einen Förderungsvertrag, »in dem es hieß, Autor und Verlag beabsichtigten, einen Roman mit dem Titel >Es geht seinen Gang oder Mühen in unserer Zeit< zu schaffen und zu veröffentlichen. (29) >Es geht seinen Gang oder Mühen in unserer Ebene<, wie der Titel dieses Romans schließlich lautete, erschien erst 1978. (30)

1981 reiste Loest mit einem Dreijahresvisum in die Bundesrepublik Deutschland und blieb dort. Loest galt in der DDR als potentieller Systemgegner. Er konnte nur unter zähen Verhandlungen und immer wieder mit Zensurmaßnahmen konfrontiert seine Projekte durchbringen.

1975 erschien Loests >Karl-May-Novelle<. (31) Karl May wurde in der DDR als >dekadent-imperialistischer< Schriftsteller, als Wegbereiter der Nazis angesehen. Eine Diskussion über ihn kam zwar immer wieder auf, doch seine Bücher wurden nicht gedruckt. Erst 1981/82 erhielt auch May seinen Platz im >kulturellen Erbe< der DDR, wobei man seinen Pazifismus betonte. (32)

Loest versuchte erklärtermaßen, mit seiner Novelle und dem Roman die Diskussion um May wieder in Gang zu bringen: »Karl May wurde in der DDR totgeschwiegen. Ich versuchte das Tabu zu brechen, über seine Zuchthaustage in Waldheim fabulierte ich - die Novelle erschien in einem Geschichtenband. Dann baute ich meine Anfänge zum Roman aus. Die Verlagsleitung hatte immer nur einen Einwand: Wenn wir Ihren Roman bringen, werden die Leser auch wieder Bücher von Karl May verlangen! Und das wollten Verlagsleiter und Cheflektor auf gar keinen Fall. Darüber mußten ein paar Jährchen ins Land gehen, und inzwischen drucken und drucken sie den ehemals Verfemten in Großauflagen auf miserablem Papier und sahnen Kaufkraft ab- was schert sie ihr Geschwätz von gestern«. (33)

Ein wesentliches Motiv für seine Beschäftigung mit May fand Loest in einigen Parallelen, die Mays Leben zu seiner eigenen Biographie aufweist: »(...) mich hat der Mensch Karl May schon immer ungewöhnlich fasziniert. Wir haben viele Gemeinsamkeiten. Ich bin Sachse wie er, nicht weit von seinem Heimatort und unter dem gleichen Sternzeichen geboren, er am 25., ich am 24. Februar; ich in Mittweida, wo er verurteilt wurde. Ich habe wie er sieben Jahre im Knast gesessen. Und wenn es so etwas gibt, könnte ich mir vorstellen, daß ich in meinem früheren Leben Karl May gewesen bin (...)«. (34)

Die >Karl-May-Novelle<, die Mays Zuchthausstrafe in Waldheim behandelt, hat Loest zum ersten Kapitel seines Romans gemacht. Eine Vergleichslesung ergab für die erste Hälfte der Novelle nur geringfügige Änderungen, meist sprachliche Verbesserungen. Die zweite Hälfte hat Loest stark umgearbeitet. Insgesamt etwa fünf Seiten Novellentext wurden gestrichen, ähnlich viel fügte Loest aber auch wieder hinzu. Dabei hat er darauf geachtet, die Thematik, die in der Novelle geschlossener dargestellt ist, im Hinblick auf die folgenden Roman-Kapitel offener zu gestalten. Schließlich fällt auf, daß der Name >May< in der Novelle an vielen Stellen gestrichen oder durch das Personalpronomen ersetzt wurde. So gelingt es Loest, die fehlende Individualität des Häftlings May, der >Nummer 402<, stärker bewußt zu machen.

Erich Loest berichtet, er habe viel Zeit für Karl May gehabt und »lange« an dem Roman geschrieben. (35) Sibylle H., so Loest an anderer Stelle, eine junge Lektorin vom Verlag Neues Leben, habe ihm bei dem Roman geholfen. (36) Der größte Teil muß 1976 und 1977 entstanden sein. (37)

Es wird sichtbar, daß inzwischen Loests Wissen über May zugenommen hat. Die Werke Mays und die Sekundärliteratur studierte Loest in der Deutschen Bücherei Leipzig: »(...) wie viele Stunden habe ich hier zugebracht! Das Material für meinen Karl-May-Roman habe ich hier zusammengetragen, habe alles über den sächsischen Meisterfabulierer und vieles von ihm gelesen, Hans Wollschlägers Standarduntersuchung wurde monatelang von mir blockiert«. (38)

Neben Wollschlägers Buch benutzte Loest laut eigener Angabe die bis dahin erschienenen Jahrbücher der Karl-May-Gesellschaft, das Nachwort zum >Waldröschen<-Reprint, das Buch von Maschke und den Karl-May-Bildband, der gerade noch erschienen war, mit seinen Bildunterschriften, »die sehr aufschlußreich waren.« Undenkbar ist Loests Buch in dieser Form aber auch ohne Karl Mays Autobiographie >Mein Leben und Streben<. (39)

Kurzfristig schien die Veröffentlichung dann noch aus politischen Gründen gefährdet zu sein: »Mit Kollegen hatte ich einen Brief an Honecker geschrieben, in dem wir uns für Stefan Heym einsetzten, der von Strafe bedroht war, weil er ohne Genehmigung der DDR seinen Collin-Roman in der Bundesrepublik veröffentlicht hatte. Da teilte mir der Leiter von Neues Leben mit, ein Verlag, der sich die kommunistische Erziehung der Jugend zum Ziel gesetzt hätte, könnte das Buch solch eines Mannes nicht bringen. Swallow, mein wackerer Mustang erschien dann doch ein paar Straßen weiter im Verlag Das Neue Berlin«. (40)

Die Resonanz war sehr groß. Laut Loest soll die erste Auflage von 20000 Exemplaren in der DDR an einem Nachmittag vergriffen gewesen sein. (41) Loests Roman gab letztendlich einen wesentlichen Anstoß zur Karl-May-Renaissance in der DDR. (42)

2. Aufbau und Stil

Loests Roman schildert chronologisch die Zeit von Mays Inhaftierung in Waldheim 1870-1874 bis zu seinem Tod am 30. 3. 1912 in 13 Kapiteln. Diese Kapitel sind mit Überschriften versehen und jeweils in drei bis fünf Unterkapitel untergliedert, denen nur eine arabische Ziffer vorsteht. Die gewählte Erzählperspektive kann als eine Mischung von multipersonaler und auktorialer Perspektive mit deutlichem Übergewicht der personalen Erzählweise gekennzeichnet werden. (43) Regelmäßig, aber kaum merkbar, wird der auktoriale Erzähler sichtbar, wenn er innere Monologe einleitet.

Loests Sprache kann man als schnörkellos und lakonisch bezeichnen. Er formt kurze, unkomplizierte Sätze. Das Erzähltempus ist Präsens. Hin und wieder benutzt Loest Wörter der Umgangssprache bzw. veraltete Wörter, die nicht allgemein bekannt sein dürften: »bosseln« (46), »Scharpie«, »packeln« (96), »Klunsch« (136), »hineingefitzt« (150) u. ä. Es fallen »einige poetische Überanstrengungen« (44) auf; so erscheint der alte Pollmer gleich zweimal »mümmelnden Mundes« (79/91); oder: »Wessels Mund gerät ins Mümmeln« (407). Auch einige Alliterationen erscheinen überzogen: »warmer Wind weht ihnen entgegen« (29); »stößt sie stöhnend aus« (30); »(...) er hat sich großartig genug gezeigt« (63).

Durchgängig flicht Loest Zitate aus Mays Erzählwerk ein, die auch als solche zu erkennen sind; auch Sekundärquellen werden erkennbar zitiert. Die May-Zitate stammen meist aus unbearbeiteten Ausgaben der Werke. Dabei sind Loest häufig geringfügige Lesefehler unterlaufen. (45) Er läßt aber auch Zitate ohne Kennzeichnung einfließen, so daß insgesamt viele Aussagen des Romans - z. B. in Dialogen - dem Forschungsstand entsprechen. Seltener nimmt er sich die Freiheit, Dokumente zu erfinden, so einen Brief des Verlegers Radelli an May (128) oder einen Brief Münchmeyers an Emma May (164).

3. Die >Figur< Karl May

May erscheint zu Beginn des Romans als inhaftierter Betrüger und Dieb (7), der unter verschiedenen Namen Hochstapeleien begangen hat (8), als »Schwätzer 402« (9), der seinen Mitgefangenen eine Geschichte über den Ausbruch aus Prags sicherstem Verließ erzählt (5f.) und deshalb zu einer Woche Karzer verurteilt wird (10): »Auch Narren sind gefährlich« (9). In Tagträumen verdrängt er die Realität seiner Gefangenschaft: »Mays Finger streichen über Tabakblätter, er träumt sich in diese Fabel hinein. In einem lothringischem [!] Schloß (...)« (16). Geschickt schiebt Loest May hier Motive aus >Die Liebe des Ulanen< als Tagtraum unter. »Er braucht Hoffnung, sie erwächst aus dem Traum« (14f.).

Seine Straftaten erklärt sich May so: »Böse Geister waren über ihm (...)« (8). Die Zeit der Straftaten war die »schreckliche Zeit, in der die Dämonen ihn trieben, peitschten« (8). May ist nicht nur psychisch, sondern auch physisch in einem labilen Zustand: »Prott packt als erster zu, aber er kann den Fallenden nicht halten, die Hand rutscht von der Schulter ab, May schlägt halb an die Wand und halb auf den Ziegelboden.« (21).

Der Anstaltskatechet Kochta nimmt sich Mays an und fordert ihn auf, seine Phantasie durch Schreiben zu verarbeiten: (46) »Am Abend bringt Kochta die Bibel, bringt auch Papier und Tinte und Feder. »Schreib deine Gedanken auf. Wenn du das vermagst, kannst du dich von bösen Vorstellungen befreien.< « (23). Für May kommt es zu einem Initialerlebnis: »Er schreibt diesen Satz: >Swallow, mein wackerer Mustang, spitzte die kleinen Ohren.< (...) diesen Satz sagte er sich am nächsten Morgen immer wieder in Gedanken vor, er findet ihn träumerisch, hoffnungsvoll; Kraft fühlt er in ihm, die auf ihn zurückkommt. Denn er selbst ist es, der über Präriegras sprengt (...)« (24).

Kochta ist sich sicher: >May schreibt das Schlechte aus sich heraus< (26). Damit wird im Roman der Schriftsteller Karl May im Gefängnis geboren, denn schon hier läßt Loest ihn in Verbindung mit dem Verleger Münchmeyer treten, Manuskripte verfassen und sie auch veröffentlichen. (47)

Auch im folgenden wird immer wieder gezeigt, daß May sich Probleme von der Seele schreibt: »Schreiben bringt Trost, die Gedanken an Emma bedrücken« (116); und »Depressionen können auf dem Papier gemildert werden« (360). Dies ist denn auch das zentrale Thema des Romans, und so erscheinen die ständig eingeflochtenen Zitate aus dem Werk Karl Mays weniger als Literatur denn als bunte Traum- und Fluchtwelten eines Neurotikers. May hat zeit seines Lebens Schwierigkeiten, zwischen Traum und Wirklichkeit zu unterscheiden. (48)

Zu seinem problematischen Verhältnis zur Wirklichkeit gehört Mays Aufschneiderei (vgl. z. B. S. 44, 66, 70ff.). Als ehemaliger Sträfling ist er sehr darauf bedacht, etwas darzustellen. In den Augen eines Assessors erscheint er so: »Ein Schulmeisterlein, davongelaufen zu obskuren Journalen. Schon wie er sich ausdrückt: schwülstig, verblasen. Eine geschmacklose Krawatte, protziger Ring, Talmi alles.« (124). Andernorts wird über seine Kleidung geurteilt: »Gutsbesitzer und Jagdpächter kleiden sich so« (247). May ist ein »Stiesel« (61) und »verklemmter Kerl« (62): »>Karle, und nächtes [!] Mal, ziehste da die Unterhosen aus?<« (96). (49) Er hat ein unzureichendes Selbstwertgefühl und befürchtet selbst, »daß sein Selbst so schwach ist, daß es keine Demütigung verträgt« (103). Sein Jähzorn bringt ihn nicht weiter: »Vielleicht ist diese Eigenart seines Charakters, so selten zornig zu sein und den Zorn nicht bewahren zu können, nachteilig; er lenkt zu schnell ein. Alle setzen sich gegen ihn durch (...)« (181, vgl. auch S. 383). Den Verleger Fehsenfeld läßt Loest über May denken: »Dieser Mann ist in der Selbstbeurteilung nicht reifer als ein Kind.« Somit zeichnet Loest den zwiespältigen Charakter eines »Neurotiker(s)« (341).

May ist ein einsamer Mensch: »(...) nie hat er einen Freund besessen« (174), und als sich das endlich ändert: »Er könnte sagen: Endlich hab ich Freunde gefunden, Richard Plöhn und den fernen Fehsenfeld. In meinem Leben ist nun mit zweiundfünfzig Jahren endlich und endgültig alles gut.« (260).

Den Schriftsteller May zeichnet Loest als einen Schwarz-weiß-Maler: »(...) es gibt das Gute und das Böse, man muß es trennen, um es allen Menschen zeigen zu können« (17). May schreibt »ohne Korrektur« (58, vgl. auch S. 67), er ist geradezu unfähig dazu: »Ändern, wie soll er ändern, und was?« (129). Über den Stil äußert sich May im Roman: »Was ist Stil, Mühe um Stil, Feilen, vielleicht Feilschen um Worte, das wäre doch nur Eindämmen, ja Verfälschen des Stromes aus dem Inneren heraus. Was aus dem Herzen kommt, was aus der Seele kommt - ich schreibe mich hin, jeden Gedanken übertrage ich ungebrochen aufs Papier. Stil, das wäre bemühter Stil, also Krampf. Meine Hand ist Medium zwischen Seele und Papier. (50)« (165).

Für die Fakten benutzt May Quellen: »Im Grunde braucht er nicht allzu viele Nachschlagewerke, einen soliden Atlas natürlich; ein achtbändiges Lexikon birgt, wenn er es mit Phantasie nutzt, kaum auszuschöpfende Schätze.« (180). Er greift Vorbilder aus seiner Wirklichkeit auf: »Einen hartherzigen Vater entwirft er nach dem Vorbild des alten Pollmer« (112). Wenn er aber nicht so recht weiter weiß, dann »flüchtet er in den Dialog, der ist ihm noch immer am leichtesten von der Hand gegangen« (107). Das Urteil des Gefängnisdirektors über Mays Schreibversuche lautet: »Einfältiger Schund ist das (...)«(25).

Oft zieht Loest May durch die Auswahl oder die Anordnung der Zitate ins Lächerliche: »Nun rennt Shatterhand nach dem Lager, um die Gefährten zu alarmieren; dabei wendet er eine eigenartige Laufmethode an: >Man läßt nämlich das Körpergewicht von nur einem Bein tragen und wechselt dann, wenn dies ermüdet ist, auf das andere über.< Dieses flotte Hinken bringt ihn rasch zum Lager, wo er den Tod von Intschu tschuna und Nscho-tschi mitteilt. >Es erhob sich ein Geheul, welches sicher meilenweit zu hören war, selbstverständlich englische Meilen gemeint.<« (256).

Einmal wird eine Passage aus einem Werk Mays als »gelungen« bezeichnet (290). Loest selbst hat bei einer Lesung einmal gesagt, er habe Mays Gedichte ausgiebig in der Absicht der Bloßstellung zitiert. (51) Und Fehsenfeld urteilt in bezug auf Mays Lyrik im Roman: »Ja, diese Gedichte (...) Wenn nur alles so gut wäre wie Im Alter (52)« (323). Auf seiner Orientreise nimmt May sich vor: »Ob das hier gelingt: An jedem Abend ein frommes Gedicht?« (307).

Loest zieht May auch ins Lächerliche, wenn er ihn Alternativen zur Schriftstellerei überlegen läßt: »Wie wäre das: Geschichten schreiben und Liedtexte dichten, zum Klavier könnte er sie in den Gaststuben singen. Karl May, Volkssänger.« (134) »Er liest Gesangbuchverse und denkt: So was brächte ich auch. Wenn alle Stricke reißen, schreib ich Hochzeitszeitungen.« (137).

Schließlich ist May »ein Einzelgänger in beruflicher Hinsicht, vielleicht ein Eigenbrötler« (221), denn er kennt weder die aktuellen Bühnenstücke, noch ist er mit anderen Schriftstellern bekannt (vgl. ebd. und S. 122).

Aus den zitierten Textstellen geht hervor, daß Loest Mays Werk skeptisch gegenübersteht, was seine literarische Qualität angeht. Das Spätwerk Mays ist Loest offenbar unverständlich: »In sympathischer Freimütigkeit bekannte er, daß er die Romane >Ardistan und Dschinnistan< und >Im Reiche des silbernen Löwen III/IV< >unfroh gelesen< und >nicht kapiert< habe«. (53)

4. Die politische Dimension

In einem Vortrag über >Karl May in der DDR< hob Loest am 28. 1. 1985 »als das eigene, besondere Verdienst hervor, in seinem Roman das May-Bild um die politische Dimension erweitert zu haben. (54)« May stamme aus einer besonders >roten< Gegend und habe sein Leben lang versucht, durch Verleugnung seiner Herkunft den sozialen Aufstieg zu erkaufen. Loest erwähnt im Roman, daß May aus dem Wahlkreis 17 kam, in dem der erste Sozialdemokrat in den Reichstag gewählt worden war (43). Ausgiebig zitiert er aus Mays Gedicht >Rückblicke eines Veteranen< (64f.), in dem König Albert von Sachsen verherrlicht wird. May hatte das Gedicht bei seinem letzten Konflikt mit dem Gesetz, der sogenannten >Affäre Stollberg< (55), dem Gericht eingereicht, um seine Königstreue zu beweisen: »(...) er bleibt treu, gerecht, ist eins mit Gott, mit Sachsens Königshaus und dem Kaiser; niemals bedeutete es mehr, Deutscher zu sein.« (238).

Mays Bewunderung für Bismarck - »ein gewaltiger Mann« (273) - führt bis ins Lächerliche: »Den Stock hat er zwischen die Knie gestellt und die Hände darübergestülpt, so hat er Bismarck gesehen, oder ist dieses Bild in ihm eingegangen von Bismarckdenkmälern und allegorischen Darstellungen: Der Eiserne Kanzler, sich aufs Schwert stützend?« (286f.). Loest läßt May an einen Kolonialroman denken: »(...) seine Gedanken umkreisen gerade dieses Problem: Das Reich erwirbt nun endlich Kolonien: Was könnte er für Reiseabenteuer dorthin verlegen! Ein deutscher Offizier in der Schutztruppe im Kampf mit Aufständischen, Sklavenjägern und französischen Spionen - das wäre ein gefundenes Fressen für Kara Ben Nemsi.« (199). Vielleicht hätte Loest in gleichem Zuge die Tatsache, daß May keinen solchen Roman geschrieben hat, hervorheben sollen.

Sicher hat Loest recht mit seiner These, daß May sich durch seine Ablehnung der Sozialdemokratie von seiner Herkunft distanzieren wollte. Viel wichtiger dürfte aber für May als ehemaligem Häftling das Bestreben gewesen sein, in der Zeit der Sozialistengesetze auf keinen Fall in Verdacht zu geraten, den Sozialdemokraten nahe zu stehen. (56)

5. Zentrale Romanfiguren

Im folgenden sollen weitere zentrale Figuren des Romans vorgestellt werden: Mays wichtigste Verleger und seine Ehefrauen. Die Darstellung ihrer Beziehungen zu May gibt weiteren Aufschluß über das May-Bild im Roman.

Heinrich Gotthold Münchmeyer

Im Roman ist es der Anstaltskatechet Kochta, der den Verleger Münchmeyer ausfindig macht und ihm May vermittelt (27). (57) Münchmeyer gefallen die Versuche Mays, und er schickt ihm einen Vorschuß (28). Schließlich will er May sogar im Gefängnis besuchen, darf ihn allerdings nicht sprechen. »Wochen darauf schellt ein schnell und sehr sächsisch sprechender Vierziger an der Zuchthauspforte, ein Mann mit flinken, eng beieinanderstehenden Haselnußaugen und schadhaften Zähnen, in einem neuen Anzug und knarrenden Schuhen; er trägt den Mantel über dem Arm und eine blitzende Kette über dem Bauch: Doublé.« (34). Dies ist die recht klischeehafte Darstellung eines Kapitalisten. (58) Gerade die Tatsache, daß May ein Krimineller ist, lockt ihn: »>Laß ihn seine Strafe abbrummen, das nimmt ihm den Rest von Aufsässigkeit. Ich kann keinen halsstarrigen Autor gebrauchen. Ein junger Verlag - und er soll ja etwas abwerfen!<« (35).

Letztendlich ist May für Münchmeyer nichts anderes als »>unser neues Pferd<« (36). Und das versucht er an sich zu binden. May soll mit Münchmeyers Schwägerin Minna Ey verkuppelt werden: »Diesem Trottel muß man die Minna ins Bett stecken, ehe er etwas merkt.« (88). Es kommt aber dann zur Trennung von Münchmeyer und May (104).

Einige Jahre später trifft May wieder auf Münchmeyer. Er soll einen umfangreichen Kolportageroman schreiben. Münchmeyer ergreift erneut die Chance, May auszubeuten: »Der Verleger überschlägt: Selbst wenn er fünfunddreißig Mark pro Heft zahlte, machte das nicht mehr als 1,75 Prozent des Umsatzes aus.(59) So, als müsse er sich überwinden, stößt er die Hand vor: >Und wenn ich so was nie wieder tue!< May schlägt ein.« (153).

Bei aller Korrektheit in den Fakten scheint hier die politische Blickrichtung Loests und damit die Tatsache, daß es sich um einen >DDR-Roman< handelt, durch.

Friedrich Ernst Fehsenfeld

Fehsenfeld und May »finden von der ersten Sekunde an Vertrauen und Sympathie zueinander« (217). Der Verleger ist der typische wilhelminische Deutsche: »>Was nach dem Einigungskrieg begann, trägt Früchte. Die Industrie hat sich in den großen Räumen eingerichtet, die Unternehmen wachsen sprunghaft, wir gewinnen Weltgeltung. Aber die Sozialdemokraten haben hunderttausend Mitglieder, und der Neid von außen wächst. Jetzt kommen Ihre Bücher, nicht vor zehn Jahren.<« (219). Für ihn steht fest: »>Ihre Bücher wirken gegen innere und äußere Feinde (...)<« (219).

Fehsenfeld wird als kritischer Beobachter dargestellt, der May Vorschläge für dessen Roman >Winnetou I< macht (242f.), die May auch aufgreift: »Drei Wochen lang phantasiert Old Shatterhand im Wundfieber; das ist der Abgrund nach Fehsenfelds Rat« (250). Dennoch ist Fehsenfeld May lästig: »Einen Gedanken möchte er rasch verscheuchen: Mit Münchmeyer war alles leichter« (242).

Eine Schwäche, die Loest wohl in Mays Romanen sieht, läßt er Fehsenfeld aussprechen: »Manchmal werde dem Leser etwas berichtet, was er schon wisse. Da habe Old Shatterhand ein Abenteuer bestanden, der Leser erlebe es mit. Shatterhand kehre zu seinen Gefährten zurück, nun werde es ihnen ausführlich berichtet (...) dennoch liege hier Gefahr zu Wiederholung und Weitschweifigkeit (...) Fehsenfeld drängt nicht nach, er bezeichnet wider besseres Wissen seinen Rat als womöglich geschmäcklerisch.« (245f.).

Mays Entwicklung zum Spätwerk hin kann Fehsenfeld nicht mehr nachvollziehen. Und auch hier kann man hinter Fehsenfelds Gedanken über >Ardistan und Dschinnistan< Loests eigene Ansichten vermuten: (60) »Daß Mays Gedanken simpel sind und nicht tauglich für diese vertrackte Welt, damit argumentiert Fehsenfeld gar nicht erst. Engländer und Deutsche bauen immer stärkere Schiffe mit weiterreichenden Kanonen, da will May alles Übel aus der Welt schaffen, indem er Liebe von Mensch zu Mensch und zwischen Rassen und Religionen predigt. Träumerei ist das, Narretei.« (377). Fehsenfeld fühlt sich von May »genarrt« und »betrogen« (375). Das Verhältnis ist getrübt.

Emma Pollmer

May lernt Emma Pollmer kennen, als er seine Schwester besucht, die gerade ihre Freundinnen bewirtet: »Da sagt ein Mädchen: >Ich habe Ihre Artikel gelesen<« (70). Sofort wird er auf sie aufmerksam und beobachtet: »Die Augen sind braun, die Wimpern lang, die Brauen dicht, das dunkle Haar steigt lockig zu seiten des Scheitels auf und fällt in Wellen auf die Schultern. Ist der Mund so, wie in Romanen zu lesen ist: lockend, sinnenfroh?« (71). Neben ihrem guten Aussehen ist es ihre Bewunderung für ihn als Schriftsteller, die May anzieht. Vor ihr kann er renommieren: »>Ich bekomme unzählige Briefe von Lesern< (...) In dieses Mädchenantlitz hinein kann er erfinden: >Ich bin allein verantwortlich für jede Zeile meiner Zeitschrift.<« (71f.).

Doch Emma ist nicht das naive Mädchen, als das sie May erscheint. Sie hatte schon eine ganze Reihe Liebhaber und weiß genau: »Ich kann von jedem Mann alles kriegen.« May dagegen »fühlt Besitzerstolz« (99) und begreift Emma als »Aufgabe«: »Eine Aufgabe ist ihm gestellt: Er wird Emma zu sich heraufziehen, aus dem Ardistan dieses Barbierhauses ins Dschinnistan einer Schriftstellerehe.« (96).

>Ardistan< und >Dschinnistan<, das sind Begriffe aus Mays Gedankenwelt der letzten Lebensjahre. (61) May faßte im Alter rückblickend sein Leben als ein Streben von Ardistan nach Dschinnistan auf. Indem Loest diese Sichtweise scheinbar ernst nimmt und sie im Roman schon früh in Mays Leben und auf solche Weise einfließen läßt, macht er May in dem Punkt bewußt lächerlich.

»Drei Monate nach Pollmers Tod heiraten sie« (146). Auch Emma hat bei May vor allem auf Äußerlichkeiten geachtet: »Ein Redakteur, Schriftsteller in Dresden - da trat Neid in die Augen der Freundinnen« (143). Emma liebt die Großstadt (146), möchte einen großen Bekanntenkreis aufbauen (147) und erweist sich für May immer mehr als ungeeignete »Schriftstellersfrau« (vgl. z. B. S. 147, 158, 160ff.)- die geeignete findet May dann in Klara Plöhn.

Klara Plöhn

Auch Klara Plöhn läßt sich durch Mays Beruf beeindrucken: »>Ein Schriftsteller an unserem Tisch<, sie faltet die Hände. >Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie ich mich freue!<« (207). Sie übernimmt bald die Beantwortung von Mays Fanpost (240) und ist stolz bei dem Gedanken, sich für einen Dichter einzusetzen (253): »Als Dulderin möchte sie sich fühlen, dem Schriftsteller beistehend mit jeder Faser des Herzens« (340).

Nach dem Tod ihres Mannes ist sie die treibende Kraft bei der Scheidung der Mays (349f.): »Bald bin ich die Frau eines Dichters.« (358). Sie arbeitet an Mays Mystifizierung (394) und pflegt ihn, als er im Alter krank ist (397). Klara ist von der großen Bedeutung Mays als Schriftsteller überzeugt: »>Mein Mann hat viel mehr geschrieben als Goethe<« (411). Aber »es gibt nichts Lächerlicheres als eine Dichtersfrau, die ihren Mann auf einen Thron heben will, an den sonst keiner glaubt« (377). Das sind die Gedanken Fehsenfelds, der so über Emma und Klara urteilt, wobei hier Loests eigene Ansicht durchscheinen könnte:

»Welches Glück für May, daß er sich von Emma getrennt und Klara geheiratet hat, so schmerzlich und kräftezehrend der Schnitt auch war. Emma hat immer wieder Energien absorbiert. Klara geht in ihrer Fürsorge auf, ohne sie wäre er längst am Ende.« (376).

Zur historischen Genauigkeit des Romans

Loest unterlaufen eine ganze Reihe von Fehlern; hier einige der gröberen:

- S. 11: May ist nicht »dreijährig, vierjährig, für Monate erblindet«, sondern war von kurz nach der Geburt bis ins fünfte Lebensjahr hinein blind. (62)

- S. 45: Über Mays Mutter: »Dreizehn Kinder hat sie geboren, acht starben im ersten Jahr.« Richtig ist: Es waren vierzehn Kinder, von denen neun in den ersten Lebensjahren starben. (63)

- S. 119: »Niederölsnitz«: Hier hat Loest wohl bei Wollschläger (64) in die falsche Reihe geguckt, denn der gemeinte Ort heißt Niederwürschnitz.

- S. 223: Mit >Durch Wüste und Harem< trägt May nicht »das erste Exemplar seines ersten Buches« bei sich: Er hatte schon vorher eine Reihe Bücher veröffentlicht.

- S. 288: >Zobeljäger und Kosak< ist kein zu Mays Lebzeiten verwendeter Titel, sondern einer aus der Reihe des Karl-May-Verlags.

- S. 290: >»Weihnacht!«< wird als letztes Buch vor der Orientreise gekennzeichnet. Das letzte Buch, an dem May bis unmittelbar vor Reiseantritt schrieb, war >Am Jenseits<.

- S. 321: Loest gibt die Reiseroute am Ende der Orientreise falsch wieder. May war nicht noch einmal in Griechenland, Neapel und Rom. (65)

- S. 327: In dem Sammelband >China< lautete der Titel von Mays Roman nicht >Und Friede auf Erden<, sondern >Et in terra pax<.

Diese Liste läßt sich noch um einiges verlängern; andere, nicht so gravierende Unstimmigkeiten kann man als poetische Umformungen gelten lassen - auch wenn sie offensichtlich nicht gewollt sind. Da es sich oft um Irrtümer handelt, die im Roman weiter keine poetische Funktion erfüllen, spricht eigentlich nichts dagegen, sie zu korrigieren. Doch auch die neugesetzte Ausgabe von 1992 übernimmt den Text.

Die Auflistung der Fehler zeigt aber insgesamt, daß es sich um weitgehend recht unerhebliche handelt. Die Schlußfolgerung ist also durchaus zulässig, daß Loest einen Roman über Karl May geschrieben hat, der der Forschungslage weitestgehend entspricht. (66)

Auch bei der Charakterisierung der Personen geht Loest über die in seinen Quellen vertretenen Ansichten an keiner Stelle nennenswert hinaus. Das hat schon Helmut Schmiedt bedauert: »Natürlich ist ein Karl-May-Roman nicht dazu da, Lücken in der wissenschaftlichen Literatur zu füllen; aber er kann, eben weil er ein Roman mit dem ihm eigenen Argumentationspotential ist, selbständige, innovativ wirkende Einsichten oder wenigstens Anstöße erarbeiten, die anderen Autoren, die sich an die konsequente Handhabung fachwissenschaftlicher Methoden gebunden zeigen, nicht zugänglich sind. Gerade in diesem Punkt versagt Loest (...)«. (67)

6. Parallelen zu Loests Autobiographie

Schon in formaler Hinsicht (68) besteht eine große Ähnlichkeit zu Loests Autobiographie >Durch die Erde ein Riß<:

- Loest schildert sein Leben chronologisch bis zu seiner Entlassung aus Bautzen 1964. Allerdings schiebt er eine Art Einleitung mit dem bezeichnenden Titel >Klammer auf< voran, die ihn in Bautzen zeigt und damit die Verbindung zum Ende des Buches herstellt. Dadurch entsteht eine weitere Parallele: Beide Bücher beginnen im Gefängnis.

Loest schreibt über sich in der dritten Person: Die Erzählperspektive ist also die gleiche.

Durchgängig werden Fremd- und Eigenzitate einmontiert.

Das Buch hat 15 Kapitel, die wiederum in lediglich mit arabischen Zahlen bezeichnete Unterkapitel unterteilt sind. Nur die 15 Großabschnitte tragen Überschriften.

Die wichtigste inhaltliche Parallele sind die Jahre in Gefangenschaft und deren Folgen. Gerade im ersten Kapitel des Romans konnte Loest seine eigenen Erfahrungen verarbeiten, so etwa die Gefängnissprache: »Nachschlag« wird eine zusätzliche Strafe genannt (13). Mehrmals läßt Loest May die Zeit seiner Inhaftierung genau berechnen: »Zwei Jahre, sieben Monate und fünf Tage sind vorbei (...)« (17, auch 22 und 31). In >Durch die Erde ein Riß< heißt es: »(...) vier Jahre und vierzehn Tage war er in Haft, drei Jahre, fünf Monate und sechzehn Tage hatte er noch vor sich. (69)« Dementsprechend überschrieb Loest ein Kapitel seiner eigenen Biographie >Gemordete Zeit<.

Als der Katechet Kochta eintritt, »springt (May) auf und meldet, die Zelle dreineunzehn sei belegt mit dem Züchtling vierhundertzwei« (17). Im >Riß< wird Loest angewiesen: »>Sie haben von jetzt an die Nummer dreiundzwanzigneunundfünfzig. Mit dieser Nummer melden sie sich an und ab.<« (Riß 356). May wickelte Zigarren, Loest wurde nach zwei Jahren Inhaftierung »einer Brigade zugeteilt (...) , zwanzig Mann legten Drahtspulen in die Ständer von Elektromotoren ein« (Riß 363). Auffallend ist schließlich auch die Parallele bei der Schilderung des Haftendes: »In seiner letzten Zuchthausnacht schläft May keine Minute« (38)- »Bislang hatte L. leidlich geschlafen in sieben Jahren, in dieser Nacht hörte er vom Schuldach jeden Viertelstundenschlag« (Riß 413) - »Riegel knallen, Licht schlägt durch die Tür: >Komm' Se, May!<« (39). »Am Morgen des 25. September 1964 rasselten zum letztenmal die Schlüssel. >Komm Se!<« (Riß 414).

Wenn Loest also Mays Aufenthalt in Waldheim darstellt, schreibt er damit bis in Einzelheiten hinein aus eigener Erfahrung. Was Mays problematisches Verhältnis zur Realität anbelangt, hatte Loest ähnliche Erfahrungen gemacht und konnte Mays Verhalten nachvollziehen. In den Genuß der therapeutischen Funktion des Schreibens dagegen kam er - wie der wirkliche Mayaufgrund des Schreibverbotes erst nach der Haft.

An einer Stelle betrachtet Loest sein Verhältnis zu May von einem anderen Gesichtspunkt aus: »Von denen, die unter dem Fischzeichen geboren sind, sagt man, sie seien feinfühlig, einfallsreich, wenn auch nicht besonders standhaft, keinesfalls Kraftmeier, weniger Durchreißer, mehr Dünnbrettbohrer, leider auch vor mißlichen Einflüssen nicht gefeit. Man muß ihn zu nehmen wissen, den Fisch, ein bißchen unberechenbar bleibt er, schlängelt sich durch, entwischt. Man muß Salz an den Händen haben, um ihn zu packen. Karl May war Sachse und Fisch, mit Schläue und kleinen Lügen, die sich schließlich zur großen Lebenslüge verdichteten, alles, was er geschrieben habe, sei selbst erlebt, baute er sich ein Gedankenimperium, am Ende fiel es krachend in Scherben. Ich weiß, wovon ich schreibe, ich bin Sachse, und Fisch bin ich außerdem. (70)«

Auf die Frage, ob der Karl-May-Roman als Vorstufe zu seiner Autobiographie anzusehen ist, meinte Loest zwar: »Nein, ich habe an meiner Autobiographie schon viel früher geschrieben. (71)« Doch entstand >Durch die Erde ein Riß< »von 1972 an in zögernden Versuchen, einzelne Zeitabschnitte zu fixieren; (...) Seit 1975 erschienen Kapitel in Zeitschriften und Erzählungsbänden. Diese Fassung wurde 1981 abgeschlossen. (72)« Loest schrieb also zeitweise parallel an beiden Werken.

Zusammenfassend kann gesagt werden, daß Loest Karl May in allen Aspekten seines >gebrochenen Lebens< und in all seiner Widersprüchlichkeit zeigt; es ist ihm gelungen, ein stimmiges Bild des berühmteren >Kollegen< zu entwerfen: »Ich wollte keinen Roman für oder gegen Karl May schreiben - es gibt ja immer diese Apologien, oder man greift ihn an -, sondern ich wollte gerecht schreiben. (73)


VII. Otto Kreiner: >Der Schatten< und >Der Ruhm< (74)

Otto Kreiner, 1931 in Wien geboren und am 29. September 1993 dort verstorben, hat »im Leben diverse Nebenberufe ausgeübt, war aber schon als Kind am Schreiben interessiert, was in meinem Milieu grotesk war, so daß ich diverse Frühwerke (mit 12), als man mir in der Familie darauf kam, geniert weggeworfen habe. Es war bestimmt nichts los damit, aber es würde mich heute interessieren, wie das ausgesehen hat. Ich weiß nur, daß es sich um Parodien auf Abenteuerhefte gehandelt hat. In meiner Familie herrschten Zustände wie bei den armen Webern in Sachsen, und derart kostspielige Zerstreuungen wie Bücher wurden geradezu als pervers gewertet. Mein erstes Buch, das ich von anderen Hausbewohnern geschenkt bekam, war >Der Schut<. Den habe ich zerlesen. Die anderen fünf der Reihe kamen sehr viel später, ich habe aber gelesen, was ich bekommen konnte. Ganz besonders lagen mir die China-Abenteuer wie >Im Zeichen des Drachen<. (75) Und den >blauroten Methusalem< schätze ich auch heute hoch ein. Ich glaube fast, daß ich mehr Bücher über als von Karl May gelesen habe. Sein Leben hat mich gefesselt. Ich habe schon sehr früh mitbekommen, daß seine >Vollkommenheit< nur der Schutzschild eines verletzlichen Menschen war, der dem realen Leben fast hilflos gegenüberstand. Was auch seine frühen >Exzesse< erklärt. Der besondere Glücksfall, daß er seine Tagträume, seine Lebensuntüchtigkeit, so günstig als Beruf verwerten konnte, ließ ihn dann später übertrieben selbstbewußt auftreten. Aber das weiß ja heute ohnehin schon jeder. (76)«

Wie bei Loest so scheint auch für Kreiner die Faszination Karl Mays zu einem großen Teil nicht allein von dessen Werken auszugehen, sondern von einem Wiedererkennen des eigenen Lebens im Schicksal des berühmten Schriftstellerkollegen.

1. Titel und Aufbau

>Der Schatten<

Auf dem in grün gehaltenen Schutzumschlag der Ausgabe ist ein Faksimile eines May-Steckbriefes zu sehen, womit gleich signalisiert wird, daß die Zeit der Straftaten Mays im Mittelpunkt steht. Ferner lautet der Untertitel hier >Der Schatten. Über den Volksschriftsteller Karl May<. Neben dem Haupttitel steht etwas kleiner in Großbuchstaben >ROMAN<. Innen heißt es dagegen: >Der Schatten. Phantasien über den Volksschriftsteller Karl May.< Diese Differenz läßt sich damit erklären, daß die Klassifikation >Roman< erwiesenermaßen verkaufsfördernde Wirkung hat.

Der Roman schildert Mays Leben bis zu seiner Inhaftierung in Waldheim. Es gibt keine Kapiteleinteilung, sondern nur drei große, mit römischen Ziffern gekennzeichnete Abschnitte. Der erste reicht von der Geburt bis zur 6-Wochen-Haft (1862), der zweite von dort bis zur Haft in Zwickau (1865-68), der dritte schließlich bis zur Waldheimer Zeit Mays (1870-74).

Neben die auktorial erzählten Passagen läßt Kreiner fingierte Dokumente treten, etwa einen »Auszug aus dem Polizeibericht« (197f.), aber auch reale Steckbriefe Mays (272, 319, 322). Schließlich kommt in ebenfalls fingierten Auszügen »aus der Autobiographie von Karl May >Mein Leben und Streben<« dieser selbst zu Wort: »Das Manuskript wurde durch Zufall nach vielen Jahren, zusammen mit solchen anderer Autoren, die alle einst auf Benachrichtigungen warteten, in der Ablage eines angesehenen Verlages gefunden. D.H.« (339).

>Der Ruhm. Roman über den Volksschriftsteller Karl May<

>Der Ruhm< setzt nahtlos an seinen Vorgänger an und beginnt mit Mays Entlassung aus dem Zuchthaus. Das Buch endet allerdings nicht mit Mays Tod, sondern mit der Orientreise (1900/01), die ja einen weiteren tiefen Einschnitt in Mays Leben darstellt. Wie er nach seiner Haftzeit es schaffte, sich als Schriftsteller zu etablieren, so nahm er nach der Orientreise sein eigentliches Werk in Angriff. Kreiner verstarb 1993; ein Manuskript, den dritten und abschließenden Teil der Romanautobiographie Mays enthaltend, liegt (möglicherweise unvollständig) laut Aussage Dieter Sudhoffs vor. Ob es für eine Veröffentlichung zur Verfügung stehen wird, kann zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht festgestellt werden.

Auch >Der Ruhm< hat keine Kapiteleinteilung. Der Roman hat einen ähnlich szenischen Bau wie sein Vorgänger. Auktorial erzählte Passagen wechseln sich ab mit >Berichten< verschiedenster Personen und mit dem >Tagebuch< Karl Mays. Ein Polizeiinspektor erinnert sich an die Vernehmung Mays in Dresden (61ff.), Fehsenfeld an sein erstes Treffen mit dem Schriftsteller (109-13) und Alois Schießer berichtet von den Fotoaufnahmen (125-29). Die meisten dieser Berichte haben keine Überschrift.

Wenn auch das Prinzip das gleiche geblieben ist, so hat dennoch ein Perspektivenwechsel stattgefunden, wenn das >Tagebuch< und nicht die >Autobiographie< Mays zitiert wird und wenn >Augenzeugenberichte< die >Dokumente< ersetzen.

2. Sprache und Stil

Kreiner erzählt in recht einfacher Sprache im Präteritum. Es fällt auf, daß er Substantive gerne mit zwei Adjektiven versieht. Er benutzt ziemlich häufig veraltete oder nur im österreichischen Raum in der Umgangssprache gebräuchliche Wörter und Formen wie »Bub« (15), »kotzig« (17, 200), »soignierte Herren« (21, 124), »Hefteln« (54) u. ä.; auch auf Vulgärvokabular wird zurückgegriffen: »Saufbetrieb« (32), »saufen« (61), »bescheißen« (134). Auffallend sind ferner einige umständliche Partizipialkonstruktionen wie der »Urwälder durchzogen habende Weltreisende« (143), die »sich ihm gezeigt habenden« (329) oder der gleich auch pleonastische Ausdruck der »verfolgenden Verfolger« (274).

Kreiner spielt gerne mit bekannten Redewendungen und Ausdrücken:

»Irgendwann mußte er Farbe bekennen, eine Farbe, die nicht diejenige von Banknoten, ja nicht einmal die von armseligen Kupferstücken war.« (189) - »Er war der Rächer seiner eigenen Enterbung und im Grunde ein Sklave des Geldes.« (193) - »In dem durch Tabaksqualm etwas undeutlichen Raum hätte man jeden Steckbrief fallen hören können.« (244). Er benutzt farbige Bilder: »Karl schnitt seiner Seligkeit eine Grimasse. Wie eine übergewichtige Dschinnin setzte sich die Wirklichkeit auf seine Brust.« (137), scheut aber auch nicht vor Plattheiten zurück, wenn etwa von dem »Sprung über die Todesspalte, einer sehr unangenehmen Spalte, im Gegensatz zu anderen Spalten (...)« (186) die Rede ist.

Für alles das, was über >Der Schatten< gesagt wurde, lassen sich auch im Folgeroman Belegstellen finden. Eine Reihe von Dialogen sind Kreiner recht platt und unglaubwürdig geraten, so der folgende zwischen May und Münchmeyer: »(...) >Bedaure. Meine Braut wird in Kürze hier eintreffen ...< >Ihre Braut? ... Aber wer nimmt denn so etwas wie Sie ...?< >Fräulein Emma Pollmer ... Die nimmt so etwas wie mich ... Im Übrigen ersuche ich, defätistische Bemerkungen zu unterlassen ...<« (40). Schließlich fällt auf, daß Kreiner eine Reihe von modernen Ausdrücken benutzt, die im Roman deplaziert erscheinen: »Torschlußpanik« (31), »Kompromißgeilheit« (60) u. ä.. Kreiner bereitet es anscheinend ungeheueres Vergnügen, mit seiner Sprache auf fast kindliche Weise zu spielen: »Das kleinere, aber oho-here« Gewehr (132).

3. Karl May in >Der Schatten>

Der Tagträumer

Kreiner stellt zu Beginn des Buches der eigentlichen Handlung eine Beschreibung der Villa »Shatterhand« als Museum von heute voran, in dem man »überall die Scherben eines eingebildeten Lebens« (8) findet. »Alles recht spärlich. Nur Anhaltspunkte, die nachträglich gesetzt wurden.« In den folgenden Episoden orientiert sich Kreiner an den bekannten Motiven aus Mays Autobiographie: der >birkene Hans< kommt vor, mit dem der Vater die Kinder zu züchtigen pflegt, die Geschichten erzählende Großmutter, die Exerzierübungen mit dem Vater im Wald (26ff.), die Überfütterung mit Lesestoff (31), die Arbeit als Kegelbub (32-38) und die Faszination der Räuberromane.

Karl, so wird May durchweg genannt, verliert sich immer wieder in Tagträumen und Phantasien. Der aufgeweckte, aber schüchterne und zur Resignation neigende Knabe (vgl. S. 32) glaubt »felsenfest« an die Welt der Romanhefte (vgl. S. 53) und kompensiert in der Identifikation mit deren Helden seine eigenen Unzulänglichkeiten: »Sie siegten haushoch, was Karl tief befriedigte. War er doch eher schwächlich und klein und so ein beliebtes Opfer für Stänkereien kräftigerer Schüler.« (51).

Kreiner spielt immer wieder auf Motive aus Mays Werken an. In der Kegelwirtschaft gibt es den »Hobel Franz« und den »Tschurtschenfrieder«, der wie Sam Hawkens aussieht und spricht, zwei Freunde hat, mit denen zusammen er ein »Kleeblatt« bildet, und ein echter »Waldgeher« ist (vgl. S. 35f.). Unter den Romanen, die der junge May liest, finden sich »>Das Geheimnis des Inkagoldes<« und »>Die Vaqueros vom Rio de la Plata<« (55). Schließlich läßt May in einer Rachephantasie Isolde von Weilersheim, die ihn abgewiesen hat, über einem Krokodilteich aufhängen, ein Motiv aus dem >Waldröschen< und dem >Vermächtnis des Inka< (vgl. S. 160). Die Reihe ließe sich noch weiter fortsetzen. Kreiner untermauert damit die Aussage: »Mit Phantasie und ein paar erdkundlichen Daten, auf denen man aufbauen kann, braucht man nur das Erworbene, Vertraute zu schildern. (77)« (345), die er May in den Mund legt.

Mays Vater ist zwar auch bei Kreiner zunächst der Versager, der nun seinen Sohn das nachholen lassen will, was er selbst versäumt hat: »Jetzt war eine Gelegenheit, das eigene verfuschte Leben in seinem Sohn zu berichtigen.« (31). Als dieser Sohn nach >Spanien< aufbricht, um bei den Helden der Leihbücherei-Romane Hilfe zu holen, bewundert ihn Heinrich May fast: »>Nach Spanien! Zu dem Räuberhauptmann Panchero! Das hätte ich mich getrauen sollen in deinem Alter!< Und er fügte ganz versonnen hinzu: >Warum habe ich mich das nicht getraut?<« (89). Kreiner fabuliert Mays eigene Andeutungen (78) weit aus, wenn er den Vater eine ganz unvermutete Einsicht in den Charakter seines Sohnes zeigen läßt: »>Du mußt endlich realistisch werden. Du kannst doch nicht dein Leben nach Büchern einrichten.< (...) >Für bloße Phantasie gibt man dir keinen Groschen, und du kommst weder zu Titeln noch zu Ansehen.< (90f.) »>Was du aber lassen mußt, das ist die Träumerei. Das Träumen führt dich zu nichts (...)< >So etwas werde ich nie verstehen.< Der Vater lächelte über den Ernst, mit dem Karl das vorbrachte.« (96).

Hiermit endet die auktorial erzählte Passage des ersten Romanteils. Karl May erscheint als ein Mensch, der sich in Phantasien verliert und für den sich abzeichnet, daß er mit der Realität nicht zurechtkommen wird. Schon an den Schluß der Eingangspassage im Radebeuler Museum hatte Kreiner diesen Gedanken quasi als Leitmotiv gestellt: »Vielleicht könnte es auch der Tagtraum sein, der die Menschen aus Fleisch und Blut für das wirkliche Leben unbrauchbar werden läßt. Jenes Wesen, das die Träume von den Taten scheidet und die Dichter macht.« (9).

Der Hochstapler

Bei einer Begegnung mit einem Bauern entdeckt May sein Talent, »daß er offenbar ein eindrucksvoller Herr von gediegenem Auftreten sein konnte, wenn er nur wollte.« (122). Mays Selbstbewußtsein wächst, es »war eine dicke, glänzende Speckhaut, unverwüstlich wie Rhinozeros- und Elefantenschwarte.« (181). Bald gebärdet er sich als Arzt (vgl. S. 125ff.), stiehlt einen Anzug (S. 129) und sieht eine »Räuberkarriere« als Möglichkeit, Bedeutung zu erlangen (vgl. S. 169f.). Nach seiner Entlassung aus dem Arbeitshaus in Zwickau versucht May, eine Arbeit zu finden und stellt sich, mit Empfehlungen versehen, im Kontor eines Bergwerkbetriebes vor. Währenddessen kommt es zu einem Unfall, May drängt sich - »>Ich bin der neue Kontor-Aufseher<« (227) - zu dem Opfer durch: »Karl war es, als würde ihm der Magen in die Kehle gedrückt. Die Leute um ihn verloren ihre festen Konturen, und irgend etwas drehte ihm den Boden unter den Füßen weg.« (228). Obwohl er die Stelle bekommen könnte, lehnt er ab, flieht regelrecht und zeigt sich so ein weiteres Mal untauglich für das wirkliche Leben. Er zerfließt in Selbstmitleid, gewinnt aber durch die Fixierung auf das eigene Ich auch Energien: »Das Bewußtsein, daß er allein war, daß niemand da war, der ihm beistand, rührte ihn zu Tränen, und er überließ sich mit Genuß der entspannenden Flut. Aber (...) dieses Gefühl, daß er der einzige war, daß nur er selbst für sich da war, daß durch seine eigene Existenz die Welt und der ganze Kosmos existierten, vertrieb die läppischen Tränen. Es gab ihm ein höheres Selbstbewußtsein, es gab ihm sein Ich.« (231f.).

Nur selten ist May zu Einsichten über sich in der Lage: »In manchen Momenten erkannte er an sich selbst den fatalen Zug des Schwätzers, der direkt aus dem Charakterzug des Angebers und Schwadroneurs stammte.« (265). Kreiner läßt nun, unterbrochen von >Signalements< und den fingierten Auszügen aus Mays Autobiographie, der Reihe nach die bekannten Straftaten Mays folgen bis hin zu seiner Festnahme in Böhmen. Im Gefängnis schreibt May. Er tritt in Kontakt zu Münchmeyer (79) und bekommt schließlich in einem Brief einen Redakteursposten zugesprochen: »Karl las den Brief immer wieder. Ein Gefühl der Betäubung machte ihn fast bewegungslos. (...) Er, er hatte sich selbst bestätigt.« (369).

Die Aussicht, das ihm eigene Tagträumen zu Geld machen zu können, macht May zu einem anderen, zu einem für das Leben in der Gesellschaft wieder tauglichen Menschen: »Er war jetzt ruhiger, wenn auch nur äußerlich.« (372).

Das Ende des Romans erinnert an Mays vorgeblich letzte Worte: Sieg, großer Sieg, ich sehe alles rosenrot!: (80) »Nach der Tagesarbeit stand er, wie schon früher oft, an einem der Fenster, von denen aus man ein Stück kümmerlicher Landschaft erspähen konnte. Und er blickte auf die rosenroten Berge, die vor Tagen noch schmutziggrau gewesen waren.« (373).

Kreiner schreibt über seine beiden May-Romane: »Als ich den Roman vor einigen Jahren begann, machte ich mir ein Konzept von etwa 150 Seiten. Als ich das Buch >Der Schatten< beendete, war von diesen Notizen nur ein kleiner Teil aufgebraucht. (...) Im Buch >Der Schatten<, (...) wird die Zeit ohne Ausweg geschildert. In dem Buch >Der Ruhm< lernt er die Möglichkeit kennen, auch im realen Leben etwas zu sein. Es kommt aber auch die Angst, die neue >Rolle< nicht halten zu können. Und weil er in allen seinen Rollen nach Vollkommenheit strebt, möchte er natürlich ein Dichter sein; und als ein solcher anerkannt werden. Das führt zu diversen Gedichten, weil er die Poesie nach äußeren Formen einschätzt. Daß er ein Dichter von Natur ist, kommt ihm nicht zu Bewußtsein. (81)«

Der >wirkliche< Karl May

In den »unveröffentlichten Auszügen« aus Karl Mays Autobiographie >Mein Leben und Streben< entwirft Kreiner das Wunsch-Bild eines Karl May, der zu einer offenen Betrachtung seiner Lebensgeschichte in der Lage ist, dies aber vor der Öffentlichkeit nicht erkennen läßt: »Ich bin selbst ein Speichellecker. Ich muß es sein, wenn die Maschinerie meiner Existenz, an die ich mich gewöhnt habe, nicht verstört anhalten soll. Würde ich wirklich alles nach meinem wahren Erkennen niederschreiben, würde ich die Leute, die ich stets so ehrenwert schildere, in ihrer wirklichen Schäbigkeit zeigen, ich könnte mir das sorgfältig vollgeschriebene Papier überall hin, nur nicht in meine Werke stopfen.« (98f.). Dieser May kann seiner Jugendzeit auch durchaus etwas abgewinnen: »Als ich noch kein Speichellecker war. Das war eine lichte, freudenvolle Zeit.« (103). Er nennt offen seine Charakterfehler: »wie immer dummstolz auf meine Kenntnisse« (101), »eine der mir manchmal eigenen Übertreibungen« (105).

Eine ganze Reihe von Aussagen in Mays realer Autobiographie werden >richtiggestellt<: »Ich habe in meiner Biographie viel Unsinn verzapft. So etwa den >niederen< Roman als Dämon angeprangert.« (341). Münchmeyer wird als der Mann erkannt, dem May seine ganze Existenz zu verdanken hat: »Groß steht die Gestalt des von der besseren Literatur scheel angesehenen Münchmeyer in meiner Erinnerung.« (359). Von Mays Religiosität in seinen Erzählungen heißt es: »Ich war auch jederzeit bereit, das Christentum triumphieren zu lassen, wenn das den christlichen Verlegern von Abenteuergeschichten angenehm war. Im Grunde war alles nur ein Mummenschanz.« (368).

Kreiners Kunstgriff, May seine >wirklichen< Ansichten frei aussprechen zu lassen, gibt dem Buch einen eigenen Reiz und hebt es auf eine besondere Weise von seinen rein apologetischen und verherrlichenden Vorgängern ab. Somit regt es auf recht provozierende Weise dazu an, Mays wirkliche Sichtweise der Dinge zu relativieren.

4. Karl May in >Der Ruhm<

Mays Charakter

Im Unterschied zur Situation nach seiner ersten längeren Gefängnishaft, hat May bei seiner Entlassung aus Waldheim eine Perspektive: »Jetzt aber war alles anders. Jetzt hatte er eine Zukunft. (...) er sah sich als gefeierten Dichter.« (5). Einerseits neigt May immer noch zu dem völlig übertriebenen Geltungsdrang des tagträumenden Hochstaplers: »Nein, die ganze Welt sollte aufhorchen und ihn für seine Begabung, die sich ganz sicher auf das Prächtigste entwickeln würde, bewundern. Die Menschen würden ihn nur fassungslos anstarren; Tränen tiefer Erschütterung über seine Werke in den anbetenden Augen.« (6). Andererseits »hatte sich, durch lange Erfahrungen, eine tiefe Lebensangst eingewurzelt, die er nie mehr überwinden würde.« (9). Die Folge der Konfrontation mit dem Staat ist Demut und Unterwürfigkeit nach außen hin: »Wenn er auch nie richtig gläubig wurde, so verhielt er sich doch ab nun nach den Vorschriften. Es wurde ihm nie recht klar, ob er Gott oder nur dessen Diener fürchtete. Selbst im Alter, angegriffen und zermürbt, leistete er sich nur Ausfälle gegen irgendwelche Schreiberlinge; gegen die Träger der Macht, ob oben oder unten, blieb er vorsichtig.« (10).

Außerdem ist May in der Lage, seine Fehler zu erkennen: »Heute jedoch war er gereifter und blickte hinter die Kulissen der eigenen Inszenierungen; und er sah, daß alles eitel war.« (17) Dennoch zeigt er weiterhin eine »Unbegabtheit für das praktische Leben« (64). Mays Geltungsdrang überwiegt jedoch und erhält durch seine schriftstellerischen Erfolge nur noch mehr Nahrung. Kreiner unternimmt es aber auf recht fragwürdige Weise, Mays narzistischen Höhenflug in der Zeit der >Old-Shatterhand-Legende< darzustellen: May gebärdet sich seinen Zuhörern gegenüber als Nationalist: »Deutsche Brüder und Schwestern. (...) meine deutschen Leserinnen und Leser (...) die deutsche Brust (...)« (154)- »meine lieben deutschen Mitmenschen« (155). Das Publikum läßt May, den Kreiner seinen Brief >Ich spreche und schreibe (...)< (82) zitieren läßt, in einer Art liturgischem Wechselgesang hochleben. May befindet sich in einer »>Ein Volk-Ein Reich-Ein May<-Stimmung« (156), und die Zuhörer rufen: »>Hoch May! Sieg Hoch! Sieg May!<« (157).

Schon zuvor wurde May in einem fiktiven Brief Fehsenfelds als »größte(r) Reisende(r) aller Zeiten« (106) bezeichnet - ziemlich makaber, wenn man weiß, daß Adolf Hitler von seinen Anhängern >Größter Feldherr aller Zeiten< genannt wurde. Sollte Kreiner mit dieser Szene auch nichts anderes bewirken wollen, als die Aberwitzigkeit der Verehrung Mays als Old Shatterhand und Mays überragenden Geltungsdrang zu verdeutlichen, so hat er hier eindeutig einen Fehlgriff getan. Assoziationen wie die, May werde hier als Vorläufer Hitlers gesehen, drängen sich unwillkürlich auf, auch wenn sie bei näherer Betrachtung von Kreiners Text nicht als unbedingt gerechtfertigt erscheinen. (83)

Kreiner versucht noch auf eine andere Weise, Mays Persönlichkeitsprofil- »schlicht bis zum Größenwahn« (80) - bloßzustellen. Er benutzt die Diktion der Bibel: »Er hatte sich bei seinem ersten Roman [gemeint ist >Waldröschen<] manchmal recht leichtsinnig und als oberflächlich gefühlt. Und als er dann fertig war, sah er, daß es gut war.« (93) »>Wahrlich, ich sage dir (...)< sprach Karl« (101). Schließlich vermengt Kreiner Zitate aus >»Weihnacht!«< mit Sätzen in der Diktion der Bibel, die in Großbuchstaben geschrieben sind. So wird nahegelegt, daß der Ich-Erzähler eine Art Christus ist (160ff.).

Parallel zu >Der Schatten< endet das Buch mit einer grandiosen Phantasie Mays: Es erscheinen die »Literaturreiter des Kaisers« und befreien den »Dichter Karl May« (204f.) - eine Persiflage Kreiners auf die größten Triumphe der Mayschen Helden: »>Was ist das?< fragten die anwesenden Schurken entgeistert. Der Offizier gab ihnen Bescheid: >Wir sind die Literaturreiter des Kaisers und haben von Seiner Majestät den Auftrag, alle jene, welche die ganze Nation edler, weiser und gefühlvoller machen, in unseren ganz besonderen Schutz zu nehmen.< Aller Augen wendeten sich zu Karl. >Wer seid Ihr<, stammelte einer mit letzter Kraft, >Ihr, den wir einen Schundschriftsteller zu nennen wagten ...?< Karl lächelte. Ein Lächeln, bescheiden und doch seltsam. >Ich bin der Dichter Karl May.<« (204).

Karl und Emma

Im Roman lernt May Emma Pollmer bei seiner Schwester kennen, nicht zuletzt durch den Einfluß einer Bowle »fühlte (er) sich mehr als sonst zu seinen Mitmenschen hingezogen.« (28) Er hält sie nicht nur für eine schöne, sondern auch für eine kluge und belesene Frau (30). Bei Emma macht sich bald eine Art Eifersucht auf Mays Arbeit breit, die sich in der Verachtung seines Schreibens äußert: »>Du bist ja schon komplett verschossen, in deine verblödende Schreiberei. (...) Dich kann ja ein jeder wegtragen, wenn du an deinem Schreibtisch sitzt. Was fabrizierst du denn eigentlich wieder für einen Schmarren?<« (49f.). Sie hält May für weltfremd und sieht sich daher in einer Art Beschützerrolle: »Ich werde eben für uns beide energisch sein müssen ...« (73).

Das Treffen mit Münchmeyer 1882, das laut May auf Wunsch von Emma zustandegekommen ist (84), erscheint im Roman als durch Zufall oder von May selbst herbeigeführt. Die eher praktisch veranlagte Emma kann mit den Theorien ihres Mannes nichts anfangen (117), sie liest aber durchaus in seinen Werken (124). Kreiner bemüht sich ersichtlich, in der Darstellung alltäglicher Probleme der Eheleute May die Schuld beider am Scheitern der Beziehung deutlich werden zu lassen. Das Emma-Bild Karl Mays wird ausdrücklich relativiert.

Der >wirkliche< Karl May

Wie im Vorgängerroman in einer fiktiven Autobiographie, so läßt Kreiner nun May in Auszügen aus seinem >Tagebuch< selbst zu Wort kommen. Hier soll von privaten Dingen die Rede sein: »Es gibt so vieles, das einen beschäftigt und das man den Lesern nicht anbieten kann.« (18).

Ein wichtiges Thema ist Mays Ehefrau. Emma, der May einen »Hang zum Ordinären« attestiert (51), ist »meine süße schönbusige, breitarschige Kleine« (42). Das Sexuelle scheint für ihn also im Vordergrund zu stehen. Es kommt May schließlich aber die Einsicht, zu sehr auf Äußerlichkeiten geachtet zu haben: »Was bedeutet es schon, daß eine Frau schön wie ein Engel ist. Hat man sich einmal satt gesehen, legt jedes Wort von ihr einen Nerv bloß.« (98).

Klara Plöhn hält May anfangs für »ein wenig dumm« (121), doch hat »diese so wunderbar junge, bildschöne Frau, mit ihren herrlich vollen, immer ein wenig feucht wirkenden Lippen, die sie mir immer wie nackt in einem Badezuber erscheinen lassen« (121), auf ihn eine erotische Ausstrahlung. Er beneidet Plöhn schließlich um sie und überlegt, wie es wäre, wenn er und Klara ungebunden wären. (199).

Mays Gesinnung, wie er sie nach außen trägt, stimmt nicht mit seiner wirklichen Meinung überein: »Ich machte mich sogleich ans Werk und huldigte aalglatt dem sächsischen König und seinen angeblichen Verdiensten. (85)« (19). An anderer Stelle (195) verurteilt er die Ausbeutung der Arbeiter in Colombo und nennt die imperialistischen Mächte »Raubtier(e)« (196).

May als Schriftsteller

May strebt von Anfang an danach, ein »Dichter« zu werden. Doch da er sich von seinem Schreiben ernähren muß, will er Triviales zum Broterwerb schreiben: »Den Dichter, den es vielleicht in mir gibt, den braucht das nicht zu kümmern.« (19). Andererseits ist er gar nicht in der Lage, seinen Ansprüchen zu genügen. Das, was er gerne schreibt und womit er Geld verdienen kann, sieht er selbst nicht als Dichtung an: Er merkte, »daß ihm das Schreiben ein rauschhaftes Vergnügen bereitete, das offenbar dem Streben nach ernsthafter Kunst Abbruch tat. Er hatte dann ein schlechtes Gewissen, und da war dann immer ein Gedicht fällig.« (22). Dichtung heißt für May also in erster Linie Gedichte schreiben. (86) Für ihn ist das Attribut >Dichter< mit der äußeren Form seiner Dichtungen verbunden: »Daß er sich an den eigenen Formulierungen berauschte, brachte ihn aber noch nicht auf den Gedanken, daß die äußere Form, in der etwas gebracht wurde, eitel sei. Dergleichen sollte er sich nie ganz zu eigen machen. Daher die vielen Gedichte und ein erfolgloses Theaterstück. Wenn auch sein gewaltsamer Ausflug in die Symbolik glückte.« (24f.). Über Mays Gedichte macht sich der Roman häufig lustig.

An anderer Stelle wird ein May-Zitat persifliert: (87) »Er sann nicht nach, er schrieb nieder, was ihm eine Stimme tief in ihm diktierte. Er dichtete nicht; es überkam ihn.« (159). Zur Arbeitsweise Mays erfährt man, daß er selten korrigiert. Er verliert schon einmal den Faden einer Geschichte (vgl. S. 57) und arbeitet ohne Konzept: »Manchmal setzte er sich an den Schreibtisch und wartete mit einem gelinden Schauer, was es wohl dieses Mal sein würde.« (44). Auch wenn er seinen Anspruch, ein Dichter zu sein, mit seinen Abenteuer- und Kolportageromanen nicht erfüllt, so ist May dennoch stolz auf seine Arbeit: »Irgendwie konnte sich Karl der Befriedigung, ein immerhin zweitausendvierhundert Seiten langes Epos geschaffen zu haben, nicht entziehen.« (92).

5. Fazit

Von der Kritik ist >Der Schatten< nur wenig beachtet worden. (88) Verhalten positiv äußerte sich nur Edwin Hartl: »Besonders geschickt aber wird das Romanhafte des Innenlebens beschrieben. (...) Mit dem ersten Schritt zum Erfolg beendet Otto Kreiner, artistisch richtig, seine >Phantasien über einen Volksschriftsteller<.« Karl-Markus Gauss sieht in den >Phantasien< lediglich »Paraphrasen über das Thema >Der Autor als träumendes Kind und junger Krimineller<, die Kreiner bedächtig, etwas ausufernd langatmig, doch mit großer Zuneigung zu seinem problematischen, gefährdeten Helden verfasste.« Er bemängelt »manche sprachliche Schlamperei« und meint, daß Kreiner sich in den fiktiven Abschnitten aus Mays Autobiographie immer noch zu sehr ans »Verbürgte« gehalten habe.

Harald Eggebrecht moniert eine »allzu unsichere, geschmäcklerische Erzählweise« und resümiert: »Diese >Phantasien über den Volksschriftsteller Karl May< erhellen nur spärlich das sächsische Erzähl-Größen-Ich. Für einen >Schatten< reicht es nicht.« Schließlich ist da noch Reinhard Tschapke, der einen weiteren Roman über Karl Mays Leben für »völlig überflüssig« hält.

Ohne die Schwächen der Romane, gerade in sprachlich-stilistischer Beziehung, leugnen zu wollen, bleibt doch festzuhalten, daß es Kreiner gelungen ist, auf eine neue, originelle Weise Mays Leben im Roman nachzuzeichnen. Neben Loests >Swallow< hat »Kreiners Text einen hervorragenden Platz unter den romanhaften Karl-May-Biographien (zu) beanspruchen. (89)«


VIII. Burghard Bartos: Old Shatterhand, das bin ich (90)

Rechtzeitig zum Karl-May-Jahr 1992 lag Ende 1991 die romanhafte May-Biographie von Burghard Bartos vor. Der Band umfaßt 128 Seiten Text mit 29 Abbildungen, einer neun Seiten umfassenden Zeittafel und einer Literaturliste.

Zielgruppe dieses Buches wie auch der fürs Mozart-Jahr veröffentlichten Mozart-Biographie (91) des gleichen Autors ist der »junge Leser«. Anscheinend um dem gerecht zu werden, gefällt sich Bartos in seinen zwölf nicht weiter benannten Kapiteln in einer Reihe von stilistisch fragwürdigen Wortspielen und Kalauern: »Karl schrieb und schrieb, schrieb jahrelang [Bücher ab]. Er überfraß sich an dem wirren Zeug und konnte doch nicht kotzen.« (21). Münchmeyer bietet May einen Redakteursposten an: »>Also, wie isses, schlagen Se ein?< May schlug ein. Wie sehr, das konnte damals keiner ahnen.« (47). Hat Karl May seinerzeit in seinem Kolportageroman >Der Weg zum Glück< seine Leser mit einem Kunst-Bayerisch traktiert, so muß dieser sich bei Bartos in den Dialogen durch ein ebenso seltsames Sächsisch quälen. Eine Kostprobe: »>Großmuttel, erzählste mir heute, wie de scheintot warscht? Das hör ich immer so gerne.< - >Nu komm och erschtemal rein, mach die Türe zu und setz dich, mei Herzbladd.<« (10).

Auch Bartos zitiert aus Mays Werken und aus Quellen. Unkorrekt geht er allerdings dann vor, wenn er in seinem Verzeichnis >Benutzte Literatur< nicht auch Erich Loests Karl-May-Roman aufnimmt, dem er ersichtlich verpflichtet ist. So übernimmt er ein Motiv Loests, wenn er »Karls lange Unterhosen, die Liebestöter, (...) sich erstmals als störend« (52) erweisen läßt, als Karl Emma nahekommt. (92) Bartos übernimmt von Loest den Namen des Polizeiwachtmeisters, der die Polizeiaufsicht über May hat: Doßt (vgl. S. 48). (93) Weiter läßt auch er den alten Pollmer »mümmeln« (58). Schließlich übernimmt er sogar einen Fehler Loests, wenn er von Neuoelsnitz statt Niederwürschnitz schreibt (58). Und auch sein Buch endet mit Mays vorgeblich letzten Worten und dem Zweifel: »Hat er es noch gesagt? Hastig aufgerichtet und mit einem wasserhellen Blick, den nichts mehr festhielt?« (128). Bei Loest heißt es: »Oder hat Klara, nur sie war dabei, gefühlt, daß er es hätte rufen können? (94)«

Bartos befindet sich mit seinen May-Kenntnissen auf dem aktuellen Forschungsstand. Auf ein Motiv verzichtet aber auch er nicht und da verspricht der Umschlagtext zu viel, wenn es da heißt, Halbwahrheiten wie die, May habe alle seine Bücher im Gefängnis geschrieben, würden nicht verbreitet. Auch Bartos läßt May im Zuchthaus viele »Bogen holziges Papier« beschreiben (46).

Wenn man dem Roman beinahe jegliche literarische Ambitionen absprechen muß, so kann doch festgehalten werden: In dieser Dichte und Einfachheit der Schilderung ist Mays Biographie in so zuverlässiger Weise bisher nicht erzählt worden.


IX. Peter Henisch: Vom Wunsch, Indianer zu werden (95)

Peter Henischs Buch, 159 schwach bedruckte Seiten stark, fällt ein wenig aus dem Rahmen der bisher behandelten Werke. Bei ihm geht es nicht allein um Karl May, sondern genauso auch um Franz Kafka. Henisch, 1943 in Wien geboren, erzählt in sieben nicht näher bezeichneten Kapiteln von einem fiktiven Treffen der beiden auf einer Fahrt mit dem Dampfer "Großer Kurfürst" von Bremerhaven nach New York, die vom 5.-16. September 1908 stattfindet. Der Ausgangspunkt ist damit die reale Reise Mays und seiner Frau Klara. (96)

Der »Herr Franz«, so wird Kafka von den Mays in der Erzählung genannt, steht an der Reling, ihm ist schlecht, und er droht darüberzufallen. Das sieht das Ehepaar May und da - »Tu doch was, Karl! (...) gibt sich der ältere Herr einen deutlichen Ruck. Und tut zwei seinem Alter nicht mehr ganz gemäße Sprünge. Faßt den jungen Mann an der Schulter (...)« (8f). Die Mays nehmen ihn zu sich in die Kabine. So lernt Karl May Franz Kafka kennen. Doch Karl May ist auch Herr Burton - so stellt er sich Kafka vor (vgl. S.14)- und entspricht damit dem Erzähler-Ich Burton alias Karl May alias Old Shatterhand in Mays Roman »Winnetou IV«. Und Kafka, schüchtern (vgl. S.17), traumwandlerisch (vgl. S.11/12, 14/15, 25) und unbeholfen (97) (vgl. S.12, 26, 32, 103), ist auch Karl Roßmann aus Kafkas »Amerika«.

May, der immer wieder auf seine angeblichen Frühreisen nach Amerika zu sprechen kommt (vgl. S.7, 12, 26, 36, 142), liefert Kafka im Gespräch das Stichwort »Indianer«: »Wenn man doch, unterbrach ihn an dieser stelle der junge Mann und erhob sich, ein Indianer wäre [!] gleich bereit, und auf dem rennenden Pferde, schief in der Luft, immer wieder kurz erzitterte über dem zitternden Boden, bis man die Sporen ließ, denn es gab keine Sporen, bis man die Zügel wegwarf, denn es gab keine Zügel, und kaum das Land vor sich als glatt gemähte Heide sah, schon ohne Pferdehals und Pferdekopf.« (27) (98)

May - noch immer inkognito als Herr Burton - ist tief beeindruckt: »Wie kommen Sie ausgerechnet auf diesen Indianerwunsch? (...) Sie werden lachen, sagte der junge Mann, dieser Text ist von Karl May inspiriert.« (28f.) Franz Kafka inspiriert von Karl May? Henisch beläßt es nicht bei dieser indirekten Beeinflussung. Quasi als Höhepunkt der Geschichte schreiben May und Kafka zusammen den Beginn von »Amerika« (vgl. S.108ff.).

Daß auch May und Kafka Gemeinsamkeiten haben, wurde von der Forschung schon festgestellt. (99) Daß Kafka May aber auch gelesen hat, wird bestritten. (100) Dabei scheint allerdings die Angst eine Rolle zu spielen, die Verknüpfung der Namen May und Kafka könnte eine Aufwertung des einen beabsichtigen und eine Abwertung des anderen zur Folge haben.

Wie dem auch sei: Genau das, was Kafka mit seinem kleinen Text gelungen ist, bewundert in der Erzählung May, wie aus einem fiktiven Brief Kafkas an seinen Freund Max Brod - diesen Kunstgriff benutzt Henisch, um Kafka über seine Erlebnisse auf dem Schiff reflektieren lassen zu können - hervorgeht: »So etwas, sagt er, habe er immer zu schreiben versucht.« (106)

Am Ende ist es aber auch Henischs ureigenes Ziel, mit seinem Buch das zu erreichen, was Kafkas kleinen Text ausmacht; wieder in einem Brief an Brod läßt er es ihn selbst aussprechen: »Es handelt sich eigentlich nur um einen einzigen Satz, der sechs sieben Zeilen lang, in einen Schwebezustand zwischen Irrealis und Indikativ gerät und dann allen Ballast abwirft, alles verneint, was er nicht braucht, bis der Reiter, der auf ihm sitzt wie auf einem Pferd, auch dieses Pferd nicht mehr nötig hat- aber natürlich ist das, obwohl es vielleicht das Ziel unserer Wünsche wäre, ein unhaltbarer Zustand.« (103)

Auch Henisch bugsiert von Anfang an seine Erzählung in diesen Schwebezustand, der natürlich nicht nur sprachlich aus der Verwendung des Irrealis - vor allem zu Beginn - erwächst, sondern auch aus der mehrschichtigen Mischung von Realem und Fiktivem. Diese ergibt sich aus der oben angesprochenen Mehrdimensionalität der Hauptfiguren, die erstens real existiert haben, zweitens ihre eigenen Romanfiguren (Burton/May/Shatterhand bzw. Karl Roßmann) sind - im Zwischendeck des Schiffes tauchen genauso die Herren Robinson und Delamarche aus »Amerika« auf (vgl. S.41) wie Einzelheiten aus Mays »Winnetou IV« eine Rolle spielen- und drittens doch wieder nur Schöpfungen Henischs bzw. seines Erzählers. Das ganze gipfelt darin, daß Kafka- ganz wie Karl Roßmann in »Amerika« - am Tag der Ankunft in New York seinen Regenschirm unter Deck vergißt. Und es ist hier Klara May und nicht Franz Butterbaum, dem Roßmann/Kafka seinen Koffer anvertraut. Allerdings warnt Klara ihn davor, sich zu verirren. Doch ist Kafka anscheinend nichts lieber: »Ja, dachte Kafka erleichtert, ich werde mich verirren. Zu meinem Bedauern werde ich einen Gang, der meinen Weg sehr verkürzen würde, zum ersten Mal versperrt finden. Mit der Ausschiffung der Passagiere könnte das zusammenhängen- über mir werde ich das Scharren tausender Menschenfüße hören. Ich aber werde meinen Weg über Treppen, die einander immer wieder folgen, durch fortwährend abbiegende Korridore und schließlich durch ein leeres Zimmer mit einem verlassenen Schreibtisch mühselig suchen.« (101) (158f.)

Was nun in unserem Zusammenhang noch besonders interessant an Henischs Erzählung ist, ist die Frage, wie Karl May im einzelnen dargestellt wird. Zunächst stellt man fest, daß Henisch über weitergehende Informationen verfügt, wenn er zum Beispiel Kenntnisse über Mays Jugend und seine Straftaten (132ff.), über den Erpressungsversuch des Rudolf Lebius (102) (80ff.) oder über die Umstände der Scheidung Mays (89ff.) zu erkennen gibt. Aus Mays Autobiographie und aus »Winnetou IV« wird zitiert. Anregungen wird sich Henisch aber wohl auch bei seinen Kollegen Kreiner und Loest geholt haben: Kreiners erster Roman erschien übrigens in demselben Verlag wie Henischs Buch.

May ist in der Erzählung Raucher (vgl. S.23), und er trinkt; vor allem zu dem Bericht über seine Straftaten ist er nur unter fortwährendem Einfluß von Alkohol fähig (vgl. S.10, 25, 134ff.). Er ist eitel (vgl. S.57) und fast schon schizophren: Sein Leben vereint die Extreme von Eingesperrtsein (im Gefängnis) und Freiheit (in der Phantasie) (vgl. S.65f.). Weiter sind er und seine Frau Klara überzeugte Spiritisten. (103) Sie halten zusammen mit Kafka eine Seance ab, in der Kolumbus »angerufen« wird, Kafkas Vater aber »erscheint« (vgl. S.118ff.). May ist ein »altes Kind« (117), dem »die Emanzipationsschübe seiner Frau (...) zuweilen auf die Nerven« (75) gehen. Und er hat antisemitische Vorurteile: (104) » (...) aber ich bitte Sie, Juden ... Nein, nein, sagt er, die Indianer und die Juden, diese Verwandtschaft kann ich mir nicht vorstellen. Gewisse Charakterzüge und vor allem das hochentwickelte Ehrgefühl der Indianer haben doch eher etwas Germanisches. (...) Naja, hat er gesagt und mich etwas merkwürdig von der Seite angeschaut, natürlich gibt es solche und solche. Edle und hinterhältige Indianer, feine und miese Juden ich will nichts Falsches gesagt haben.« (104; vgl. auch S.51, 115f., 124)

Alles in allem tritt May in seinen Schwächen dem Leser plastisch vor Augen. Es ergibt sich ein geschlossenes Bild, das weniger negativ als skurril wirkt. Diese »Phantasien über Karl May«, das Ergebnis anderthalbjähriger Arbeit (105), sind auf beeindruckende Weise gelungen.


Anmerkungen

1.) Im folgenden die bibliographischen Angaben zu den behandelten Werken:
- Karl Heinz Dworczak: Karl May. Das Leben Old Shatterhands. Radebeul 1935 - Neuauflage: Salzburg 1950
- Franz Josef Weiszt: Karl May. Der Roman seines Lebens. Böhmisch-Leipa 1940
Fritz Barthel: Letzte Abenteuer um Karl May. Bamberg 1955
Albrecht P. Kann: Karl May. So war sein Leben. Hamburg 1979
- Erich Loest: Swallow, mein wackerer Mustang. Karl-May-Roman. Berlin und Hamburg 1980 - weitere Ausgaben: Frankfurt a. M. 1983 / Künzelsau und Leipzig 1990 / München 1992
- Otto Kreiner: Der Schatten. Phantasien über den Volksschriftsteller Karl May. Salzburg/Wien 1989
- Otto Kreiner: Der Ruhm. Roman über den Volksschriftsteller Karl May. Hrsg. von Dieter Sudhoff. Paderborn 1994
- Burghard Bartos: »Old Shatterhand, das bin ich.« Karl May. Hamburg 1991
- Peter Henisch: Vom Wunsch, Indianer zu werden. Wie Franz Kafka Karl May traf und trotzdem nicht in Amerika landete. Salzburg und Wien 1994
Anton Kaiser hat Mays Leben ebenfalls literarisch verarbeitet; allerdings zu einer Tragödie: Anton Kaiser: Geächteter Hakawati. Die Tragödie Karl May. Kehl a. Rhein 1967.

2.) Alle Seitenangaben im Text beziehen sich jetzt und im folgenden jeweils auf das im Vordergrund stehende Werk. Dworczak zitiere ich nach der Ausgabe Salzburg 1950, deren Fassung (»neu bearbeitet«) wahrscheinlich 1944 enstand: S. 152 ist zu entnehmen, daß Klara May noch lebt- sie starb Silvester 1944 -, S. 151 wird die Auflagenzahl der May-Bücher von 1944 angeführt.

3.) Karl May: Mein Leben und Streben. Freiburg o. J. (1910); Reprint Hildesheim-New York 1975. Hrsg. von Hainer Plaul

4.) Vgl. Karl May's Gesammelte Werke Bd. 34 »Ich«. Radebeul. 12. Aufl., S. 370. Die Bezeichnung >Volksschriftsteller< kam erst nach Mays Tod auf und wurde durch Heinz Stoltes Jenaer Dissertation von 1935 >Der Volksschriftsteller Karl May< zum Epitheton Karl Mays.

5.) Franz Kandolf: Der werdende Winnetou. In: Karl-May-Jahrbuch (KMJB) 1921. Radebeul 1920, S. 336-360 - auch in: Karl Mays >Winnetou<. Hrsg. von Dieter Sudhoff/Hartmut Vollmer. Frankfurt a. M. 1989, S. 179-95

6.) Zur Frage der angeblichen Frühreisen Karl Mays vgl. Werner Poppe: Die Fred-Sommer-Story. Untersuchungen über eine angebliche Frühreise Karl Mays in die USA. Sonderheft der Karl-May-Gesellschaft Nr.2 (1975).

7.) Karl May: Geographische Predigten. In: Schacht und Hütte. 1. Jg. (1875/76); Reprint Hildesheim-New York

8.) Zur Old-Shatterhand-Legende vgl. Claus Roxin: »Dr. Karl May, genannt Old Shatterhand«. Zum Bild Karl Mays in der Epoche seiner späten Reiseerzählungen. In: Jahrbuch der Karl-May-Gesellschaft (Jb-KMG) 1974, Hamburg 1973, S.15-73.

9.) Das geschah mit Sicherheit aus Rücksicht auf die noch lebende Klara May.

10.) Vgl. Karl May: Gesammelte Reiseromane Bd. VIII: Winnetou der Rote Gentleman II. Freiburg 1893, S. 425.

11.) May: Mein Leben und Streben, wie Anm. 3, S. 166

12.) Vgl.: Die Indianerhuldigung in Radebeul. In: KMJB 1929. Radebeul 1929, S. 7-33.

13.) Bibliographische Angaben siehe Anm. 1.

14.) May macht die Bekanntschaft mit Richard und Klara Plöhn Anfang der 90er Jahre und nicht erst 1898 (vgl. S. 325).

15.) Brief Roseggers an Karl May vom 21.8.1907. In: Alfred Schneider: »... Unsere Seelen haben viel Gemeinsames!« In: Jb-KMG 1975. Hamburg 1974, S.232.

16.) Stolte, wie Anm. 4 - zu Sascha Schneider siehe: Hansotto Hatzig: Karl May und Sascha Schneider. Dokumente einer Freundschaft. Beiträge zur Karl-May-Forschung Bd. 2. Bamberg 1967 - zur Karl-May-Stiftung vgl. Jürgen Wehnert: Der Karl-May-Verlag. In: Karl-May-Handbuch. Hrsg. von Gert Ueding in Zusammenarbeit mit Reinhard Tschapke. Stuttgart 1987, S. 681.

17.) Bibliographische Angaben siehe Anm. 1.

18.) Es handelt sich um den Prozeß Karl May gegen Rudolf Lebius vom 12. 4. 1910 in Berlin-Charlottenburg.

19.) Schon Arno Schmidt hat sich über diese Stelle und allgemein über dieses Buch amüsiert: »mich überläuft's!« (Arno Schmidt: Sitara und der Weg dorthin. Eine Studie über Wesen, Werk & Wirkung Karl May's. Karlsruhe 1963, S. 151.)

20.) Vgl. Helmut Schmiedt: Literaturbericht. In: Jahrbuch der Karl-May-Gesellschaft (Jb-KMG) 1981. Hamburg 1981, S.339 -bibliographische Angaben zu Kann siehe Anm. 1.

21.) Vgl. ebd., S. 340, Kann S. 149.

22.) Schmiedt, ebd., formuliert: May »verkommt zum harmlosen und langweiligen Genie, das von einer mißgünstig gestimmten Umwelt mit penetranter Boshaftigkeit verfolgt wird, während alle Einsichtigen ihm ungeschmälert ihre Reverenz erweisen müssen; die Brüche und Sprünge im Charakter dieses Mannes (...) werden entfernt, bis nur noch eine Schablone übrigbleibt.«

23.) Bibliographische Angaben siehe Anm. 1, zitiert wird nach der Ausgabe Hamburg 1980. Auf die Idee zu diesen Titel ist Loest durch Hans Wollschläger gestoßen, der schreibt: »Und es ist schon ein bedeutender Augenblick, dieser Oktobertag des Jahres 1875, nicht nur für May selbst, sondern für noch unabsehbare Millionen deutscher Leser: eine Mythologie wird begründet: ein ganz absonderlicher Pegasus tut die ersten Schritte: Swallow, mein wackerer Mustang, spitzte die kleinen Ohren.« (Hans Wollschläger: Karl May. Grundriß eines gebrochenen Lebens. Zürich 21976, S. 50. Wollschläger seinerseits zitiert aus dem ersten Satz der May-Erzählung >Old Firehand<: Karl May: Old Firehand. In: Deutsches Familienblatt. 1. Jg. (1875/76), S.107; Reprint der Karl-May-Gesellschaft, Hamburg 1975.

24.) Es existieren mindestens zwei Dutzend ausführliche und durchweg positive Rezensionen: Günter Ebert (Sonntag (Nr. 24) 15. 6. 1980) formuliert: »Loest behandelt seinen Gegenstand ebenso feinfühlig wie einprägsam.« Peter Zeindler (Weltwoche 3. 9. 1980): »Loest bereitet durch eine sorgfältige und eingehende Beschreibung von Mays häuslichen Verhältnissen, durch seine aufschlussreichen Dialoge, durch die Beschwörung einer dichten Atmosphäre von Mays historisch-politischer Umgebung ein Terrain vor, auf dem neue, sorgfältige Analysen und die Interpretation von einzelnen, ausgewählten Büchern aus dem Gesamtwerk wieder möglich sind.«- Gert Ueding (FAZ 11. 10. 1980): »Man möchte zitieren und immer weiter zitieren aus diesem Buch, das ein Roman ist über das Leben eines Landsmannes und Schriftstellerkollegen, zugleich eine psychologische Studie über einen Außenseiter im Wilhelminischen Deutschland, exakt recherchiert (...) und schließlich ein Essay über Literatur und Leben, Wahrheit und Wahrscheinlichkeit, Fiktion und Lüge.« - Horst Wenderoth (Neue Zürcher Zeitung 6. 2. 1981): »Loest hat ein grundsolides Buch geschrieben und erweist sich damit einmal mehr als kraftvoller Erzähler (...)« - Wilfried F. Schoeller schließlich meint (Frankfurter Rundschau 7. 2. 1981): »Ich zögere nicht zu behaupten: das ist sein bisher bestes Buch.«

25.) Zu Loests Lebenslauf bis zu seiner Haftentlassung vgl.: Erich Loest: Durch die Erde ein Riß. Ein Lebenslauf. Hamburg 1981. Gewissermaßen als Fortsetzung bis 1989 ist zu lesen: Erich Loest: Der Zorn des Schafes. Aus meinem Tagewerk. Künzelsau-Leipzig 1990. Hierin finden sich auch schon umfangreiche Auszüge aus Loests Stasi-Akten. Als einer der ersten hat Loest nach der >Wiedervereinigung< seine Akten einsehen können und in einem weiteren Buch dokumentiert: Erich Loest: Die Stasi war mein Eckermann oder: Mein Leben mit der Wanze. Göttingen und Leipzig 1991.

26.) Loest: Der Zorn des Schafes, wie Anm. 25, S. 46

27.) Erich Loest: Schattenboxen. Berlin 1973

28.) Loest: Der Zorn des Schafes, wie Anm. 25, S. 58

29.) Vgl. ebd., S. 67.

30.) Erich Loest: Es geht seinen Gang oder Mühen in unserer Ebene. Halle-Leipzig 1978

31.) Erich Loest: Karl-May-Novelle. Zuerst in: Etappe Rom. Zehn Geschichten. Berlin 1975 - dann in: Pistole mit sechzehn. Erzählungen. Hamburg 1979. Als Taschenbuch: Frankfurt a. M. 1981

32.) Zur Geschichte Karl Mays in der DDR vgl.: Ralf Schnell: Die Schwierigkeit zu erben. Karl Mays Abenteuer in der DDR - Materialien zu einer Rezeptionsgeschichte. In: Harald Eggebrecht: Karl May, der sächsische Phantast. Studien zu Leben und Werk. Frankfurt a. M. 1987, S. 264-97.

33.) Loest: Der Zorn des Schafes, wie Anm. 25, S. 170

34.) Erich Loest am 8. 4. 1986 in der Fernsehsendung >Autoren-Scooter<. Text nach: Inform. Beilage der Mitteilungen der Karl-May-Gesellschaft. Nr. 68 (1986), S. VIII - Schon Dieter Sudhoff weist darauf hin, daß es auch literarische Verbindungen gibt: »Beide Autoren verbindet aber auch (...) eine später bereute >Kolportagephase< (von 1966 bis 1975 schrieb Loest zahlreiche (...) Kriminal- und Abenteuerromane (...)) und seine allzu lässige Haltung gegenüber Stilfragen.« (Dieter Sudhoff: Erich Loest in Paderborn. In: Mitteilungen der Karl-May-Gesellschaft (M-KMG) 65/1985, S. 25-37, bes. S. 27). Weitere Parallelen, die Loest bei seiner Kenntnis von Mays Biographie ebenfalls aufgefallen sein werden: Weil er kein Ausreisevisum für England bekam, mußte Loest sich bei seiner Beschreibung von London in dem Kriminalroman »Der Mörder saß im Wembley-Stadion« (Halle 1967 unter dem Pseudonym Hans Walldorf) - wie Karl May bei seinen Reiseerzählungen - auf Quellen stützen. Vgl. Loest: Der Zorn des Schafes, wie Anm. 25, S. 232f. Beide Autoren haben Abenteuerromane für die Jugend bearbeitet, Karl May den >Waldläufer< von Gabriel Ferry (Gabriel Ferry: Der Waldläufer. Für die Jugend bearbeitet von Carl May. Stuttgart o. J. (1879). Reprint Bamberg 1987), Loest den >Lederstrumpf< Coopers. Vgl. Loest: Der Zorn des Schafes, wie Anm. 25, S. 247. Schließlich hatten beide keinen Erfolg mit ihren dramatischen Werken. Mays Drama >Babel und Bibel< wurde nie aufgeführt. Loests Theaterstück >Froschkonzert< stieß - Mitte der 80er Jahre - nach der Uraufführung auf keine Resonanz: » (...) und ich habe seitdem niemals Lust verspürt, mich abermals als Bühnenautor zu versuchen.« (Loest, ebd., S. 335). Über die Bedeutung des Gefangenschaftserlebnisses vgl. unten das Kapitel "Parallelen zu Loests Autobiographie".

35.) Erich Loest auf meine Frage im Anschluß an seine Lesung aus >Katerfrühstück< am 3. 2. 1993 im Katholischen Bildungswerk, Opladen. Sudhoff, wie Anm. 34, S. 29, berichtet, daß Loest beinahe zwei Jahre als Zeit für das Schreiben des Romans angegeben habe.

36.) Vgl. Loest: Der Zorn des Schafes, wie Anm. 25, S. 59 und S. 96.

37.) Das wird ersichtlich aus den Zeitangaben ebd., S. 59, 93 und 96.

38.) Ebd., S. 353

39.) Wie Anm. 35 - bibliographische Angaben: Hans Wollschläger: Karl May, wie Anm. 23 - Klaus Hoffmann: Nachwort zu: Karl May: Das Waldröschen oder Die Verfolgung rund um die Erde. Dresden 1882-84, Reprint Hildesheim-New York 1971, S. 2619-86 - Fritz Maschke: Karl May und Emma Pollmer. Die Geschichte einer Ehe. Beiträge zur Karl-May-Forschung Bd. 3. Bamberg 1973 - Karl May. Biographie in Dokumenten und Bildern. Der große Karl May Bildband. Hrsg. von Gerhard Klußmeier und Hainer Plaul. Hildesheim-New York 1978 May: Mein Leben und Streben, wie Anm. 3

40.) Erich Loest: Neues Leben für die alte Schmetterfaust. In: Deutschland-Archiv. Zeitschrift für Fragen der DDR und der Deutschlandpolitik. 16. Jg. Heft 4. Köln 1983, S. 398-401), bes. S. 399 - Der Vorgang ist auch geschildert in Loest: Der Zorn des Schafes, wie Anm. 25, S. 170f.

41.) Vgl. Sudhoff, wie Anm. 34, S. 34.

42.) Vgl. Schnell, wie Anm. 32, S. 282.

43.) Diese Klassifikation nach Stanzels >Typen der Erzählsituation<. Vgl. Franz K. Stanzel: Typische Formen des Romans. Göttingen 111987.

44.) Helmut Schmiedt: Literaturbericht. In: Jb-KMG 1981, S.339-59, bes. S. 342.

45.) Loest macht anscheinend nicht immer von seinen Möglichkeiten Gebrauch: Das Orient-Reisetagebuch Mays zitiert er S. 318f. nicht nach der Originalfassung, wie sie das Jb-KMG 1971 gibt, sondern nach der bearbeiteten Fassung des Karl-May-Verlages (Karl May's Gesammelte Werke Bd. 49: Lichte Höhen. Bamberg 83. Tsd., S. 362). Vgl. S. 318f. mit Hans Wollschläger und Ekkehard Bartsch: Karl Mays Orientreise 1899/1900. Dokumentation. In: Jb-KMG 1971. Hamburg 1971, S.165-215, bes. S. 199.

46.) Hans Wollschläger vertritt in der Forschung die These, daß Kochta May zum Schreiben angeregt habe. Vgl. Hans Wollschläger: »Die sogenannte Spaltung des menschlichen Innern, ein Bild der Menschheitsspaltung überhaupt.« Materialien zu einer Charakteranalyse Karl Mays. In: Jb-KMG 1972/73. Hamburg 1972, S.11-92, bes. S. 48.

47.) Nach den Erkenntnissen des May-Forschers Hainer Plaul durfte May in Waldheim höchstens in eingeschränktem Maße lesen, schreiben aber sehr wahrscheinlich nicht. Vgl.: Hainer Plaul: Resozialisierung durch »progressiven Strafvollzug«. Über Karl Mays Aufenthalt im Zuchthaus zu Waldheim von Mai 1870 bis Mai 1874. In: Jb-KMG 1976. Hamburg 1976, S. 105-70, bes. S. 155ff.

48.) Zum Verhältnis von Traum und Realität vgl. auch die Seiten: 10, 12f., 20, 56, 59, 70, 87, 93ff., 121, 201, 285, 295, 409.

49.) Zu der Übernahme dieses Motivs durch Burghard Bartos siehe unten.

50.) Vgl. den Originaltext Mays, den Loest dem Sinn nach wiedergibt und interpretierend um eine spiritistische Auffassung vom Medium erweitert: Die Wahrheit ist, daß ich auf meinen Stil nicht im Geringsten achte. Ich schreibe nieder, was mir aus der Seele kommt, und ich schreibe es so nieder, wie ich es in mir klingen höre. Ich verändere nie, und ich feile nie. Mein Stil ist also meine Seele, und nicht mein >Stil<, sondern meine Seele soll zu den Lesern reden. (May: Mein Leben und Streben, wie Anm. 3, S. 228) .

51.) Loest im Rahmen einer Lesung im Deutschlandfunk, Köln, am 7. 5. 1980 - Vgl. Gabriele Wolff: Annäherung an einen Autor. Erich Loest stellt seinen Karl-May-Roman vor. In: M-KMG 46/1980, S. 37f.

52.) Mit diesem Urteil orientiert sich Loest an Wollschläger: Karl May, wie Anm. 23, S. 106.

53.) Sudhoff, wie Anm. 34, S. 34.

54.) Vgl. ebd, S. 31.

55.) Die Affäre Stollberg ist dokumentiert bei Maschke, wie Anm. 39, dort, S. 153ff., auch das Gedicht Mays

56.) May war 1879 wegen »unbefugter Ausübung eines öffentlichen Amtes« angeklagt (sogenannte >Affäre Stollberg<, vgl. Anm. 55). Im Laufe der Untersuchungen wurde er verdächtigt, Sozialdemokrat zu sein. Er wies dies energisch zurück. Andernfalls hätte er unter Umständen mit einer härteren Behandlung im Prozeß rechnen müssen. Auch hätte sein Gnadengesuch beim König von vornherein keine Aussichten gehabt.

57.) May selbst schreibt, daß er Münchmeyer nach seiner Haft in Waldheim auf Vermittlung seiner Eltern kennengelernt habe (Vgl. May: Mein Leben und Streben, wie Anm. 3, S. 175). Nach neueren Forschungen ist es wahrscheinlich, daß May und Münchmeyer sich schon viel früher, vielleicht schon ab 1860, gekannt haben: Vgl. Hainer Plaul: »Besserung durch Individualisierung.« Über Karl Mays Aufenthalt im Arbeitshaus zu Zwickau von Juni 1865 bis November 1868. In: Jb-KMG 1975. Hamburg 1974, S. 127-99, bes. S. 176-83.

58.) Einen Haus- und Rittergutbesitzer versieht Loest ebenfalls klischeehaft »mit eisengrauen, bürstenkurzen Haaren und einer klobigen Nase, die den Mund fast erdrückt« (185).

59.) Dieses Rechenexempel hat Loest von Wollschläger (Karl May, wie Anm. 23, S. 62) übernommen.

60.) Vgl. das in Anm. 53 bei Sudhoff nachgewiesene Loest-Zitat.

61.) May sieht als Aufgabe für den Menschen: Aus der Tiefe zur Höhe, aus Ardistan nach Dschinnnistan, vom niedern Sinnenmenschen zum Edelmenschen empor. (May: Mein Leben und Streben, wie Anm. 3, S. 143). Er selbst stülpt diese Metaphern seiner ganzen Lebensgeschichte über. Zu Mays Philosophie im Spätwerk vgl. u. a.: Sibylle Becker: Karl Mays Philosophie im Spätwerk. Materialien zur Karl-May-Forschung Bd. 3. Ubstadt 1977.

62.) Vgl. Wollschläger: Karl May, wie Anm. 23, S. 14.

63.) Vgl. ebd.

64.) Vgl. ebd., S. 54.

65.) Vgl. Wollschläger/Bartsch: Karl Mays Orientreise 1899/1900, wie Anm. 45, S. 213f.

66.) Vgl. auch Gabriele Wolff, wie Anm. 51, S. 37, und Schmiedt: Literaturbericht, wie Anm. 44, S. 342.

67.) Schmiedt, ebd., S. 343

68.) Vgl. hierzu weiter oben das Kapitel "Aufbau und Stil"

69.) Loest: Durch die Erde ein Riß, wie Anm. 25, S. 11 - künftig im Text zitiert als >Riß<.

70.) Loest: Der Zorn des Schafes , wie Anm. 25, S. 18f.

71.) Loest, wie Anm. 35

72.) Vorsatzblatt zu Loest: Durch die Erde ein Riß, wie Anm. 25

73.) Loest, wie Anm. 35

74.) Bibliographische Angaben zu >Der Schatten< und >Der Ruhm< siehe Anm. 1.

75.) Titel einer Teilsammlung aus: Karl May's Gesammelte Werke Bd. 11: Am Stillen Ozean. Wien 1955

76.) Die Ausführungen Otto Kreiners stammen aus einem Brief an mich vom 31. 7. 1993.

77.) Helmut Schmiedt formuliert dazu: »Mays Lebensgeschichte vollzieht sich als partielle Vorwegnahme seiner literarischen Phantasien, und diese erscheinen als etwas dem Leben Nachgeschriebenes.« (Helmut Schmiedt: Literaturbericht. In: Jb-KMG 1990. Husum 1990, S. 341).

78.) May schreibt: Er, der jähzornige, leicht überhitzige Mann, verhielt sich ganz anders als gewöhnlich. Seine Augen waren feucht. Er sagte mir kein einziges Wort des Zornes. (...) Nie habe ich deutlicher gefühlt wie damals, wie lieb er mich eigentlich hatte. (May: Mein Leben und Streben, wie Anm. 3, S. 93).

79.) Vgl. Anm. 47 und Anm. 57

80.) Vgl. Wollschläger: Karl May, wie Anm. 23, S. 182.

81.) Kreiner, wie Anm. 76

82.) Brief Karl Mays vom 2. 11. 1894. Abgedruckt in Frankfurter Zeitung vom 1. 4. 1937 - Reprint in Sonderbeilage zu M-KMG 71/1987

83.) Zu Karl und Hitler siehe: Gerhard Linkemeyer: Was hat Hitler mit Karl May zu tun? Materialien zur Karl-May-Forschung Bd. 11. Ubstadt 1987.

84.) May: Mein Leben und Streben, wie Anm. 3, S. 198

85.) Zu dem Huldigungsgedicht vgl. Anm. 55.

86.) Vgl. Reinhold Wolff: »Ein Schreiber? O jazik, o wehe, und ich habe dich für einen tapfern Beduinen gehalten!«. Karl Mays Umgang mit den Dichterstereotypen des 19. Jahrhunderts. In: Jb-KMG 1993. Husum 1993, S. 115-34.

87.) Vgl. Anm. 50.

88.) Mir liegen vier Rezensionen vor: Die Presse Nr. 12333 vom 15./16. 1989 (Edwin Hartl), Neue Zürcher Zeitung Nr. 116 vom 24. 5. 1989 (Karl-Markus Gauss), Süddeutsche Zeitung Nr. 186 vom 16. 8. 1989 (Harald Eggebrecht) und Die Welt Nr. 246 vom 21. 10. 1989 (Reinhard Tschapke).

89.) Schmiedt: Literaturbericht 1990, wie Anm. 77, S. 342 - Schmiedt bezieht sich natürlich nur auf den ersten Roman.

90.) Bibiographische Angaben siehe Anm. 1.

91.) Burghard Bartos: »... ich kann es aber durch Töne.« Eine Mozart-Biographie. Hamburg 1990

92.) Vgl. Loest: Swallow, wie Anm. 1, S. 96.

93.) Der Polizist, der May anzeigte, weil er unter Mißachtung der Polizeiaufsicht nach Dresden ging, war der Gendarmeriebrigadier Friedrich Julius Frenzel. Vgl. Hainer Plaul: Redakteur auf Zeit. Über Karl Mays Aufenthalt und Tätigkeit von Mai 1874 bis Dezember 1877. In: Jb-KMG 1977. Hamburg 1977, S. 114-217, bes. S. 147.

94.) Vgl. Loest: Swallow, wie Anm. 1, S. 417.

95.) Bibiographische Angaben siehe Anm. 1. Das Buch wurde von Helmut Schödel und Friedmar Apel positiv besprochen in Die Zeit. Nr. 12 (18. März 1994) bzw. in der FAZ (30. April 1994).

96.) Zu Mays realer Amerikareise vgl. Dieter Sudhoff: Karl Mays »Winnetou IV«. Ubstadt 1981

97.) So traumwandlerisch und unbeholfen, daß er sich quasi »aus Versehen« an Klara May vergeht, wie es S.149 und S.151 vage angedeutet wird.

98.) Bis auf den Einschub »unterbrach...sich« und zweier orthographischer Abweichungen entspricht der Text dem Kafka-Original. Vgl. Franz Kafka: Erzählungen. Lizenzausgabe S. Fischer [Frankfurt/M] 1986, S.34f. Die Erstveröffentlichung erfolgte unter dem Titel »Wunsch, Indianer zu werden« in: Betrachtung. Leipzig. Ernst Rowohlt 1913.

99.) Vgl. Ulf Abraham: Die Angst vor der Entdeckung und die Entdeckung der Angst. Ein Motiv bei Franz Kafka und Karl May. In: DVjs 59 (1985), S.313-340.

100.) Vgl. ebd. S.313.

101.) Vgl. Franz Kafka: Amerika. Hg. von Max Brod. Lizensausgabe S. Fischer [Frankfurt/M] 1986, S.9.

102.) Lebius hatte May 1904 gegen ein Darlehen publizistische Unterstützung angeboten. Als dieser darauf nicht einging, startete Lebius eine Pressekampagne gegen May. Vgl. Karl-May-Handbuch, wie Anm.16, S.115f.

103.) Zu May und Spiritismus vgl. u.a. Maschke, wie Anm.39.

104.) Zu May und Antisemitismus vgl. Rainer Jeglin: Karl May und der antisemitische Zeitgeist. In: Jb-KMG 1990, Husum 1990, S.107ff.

105.) Vgl. Schödel, wie Anm. 95.


Inhaltsverzeichnis der Horen 178

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