In der Chronologie der Erscheinungsjahre von Mays Werken fällt an einer Stelle eine Lücke auf wie sonst nirgends während seiner ganzen Schaffenszeit: in den Jahren 1904-1906. Nach der Vollendung des Schlußteils von »Und Friede auf Erden!« im August 1904 (1) mußten sein Verleger F. E. Fehsenfeld und seine Leser lange auf ein neues Werk warten. Das lag nicht daran, daß die wachsenden Prozesse Mays Arbeitskraft lähmten, denn auch die Schlußbände »Im Reiche des silbernen Löwen« entstanden zu einer Zeit starker privater und prozessualer Anspannung und zeigen doch eine erstaunliche Geschlossenheit. Vielmehr hatte Karl May ein Werk begonnen, das er als sein erstes eigentliches Werk bezeichnete (und Amand von Ozoróczy gab seiner Rezension dann auch die Überschrift »Karl Mays Erstling« (2)): sein Drama »Babel und Bibel«. »Tatsächlich hat May an keinem Werk mit solcher Anstrengung gearbeitet: zum Delitzsch-Streit, dessen Literatur er ziemlich komplett besaß, treibt er ausgedehnte Studien; die Skizzierung geht über das ganze Jahr 1905; eine vollständige Erstfassung wird kritisch verworfen - bis am 17. 7. 1906 die immer wieder durchgefeilte Reinschrift abgeschlossen ist: ein wunderliches Stück, das er gewiß überschätzt hat, das jedoch so sehr das Schweigen auch wieder nicht verdient, das bis heute auf ihm liegt.« (3)
Bereits im Frühjahr 1906 veranlaßte May seinen Verleger Fehsenfeld zu einem 16-Seiten-Prospekt, mit Illustrationen von Sascha Schneider, in dem er selbst das Erscheinen von »Babel und Bibel« bekanntgab:
In meinem ersten Bande »Durch die Wüste« erscheint mein »Ich«. Es ist die Menschheitsfrage. Das erste, was es erkennt, ist Halef, der sich Hadschi nennt, aber keiner ist. Das ist die Anima, die sich als Geist bezeichnet, doch ohne es zu sein. Wir suchen diesen Geist
durch alle dreißig Bände, die ich bisher geschrieben habe. Ich schreibe hierzu noch »Im Jenseits«, einen vierten Band von »Winnetou« und ca. drei Bände »Marah Durimeh«. Und erst dann, wenn diese Bände erschienen sind, werden wir am Ende unserer Forschung sein, aber selbst dann erst am Ende der Vorstudien, der Vorarbeiten, wo mein eigentliches Werk erst zu beginnen hat. - Ich bin von Ungeduldigen wiederholt gefragt worden, von welcher Art dieses eigentliche Werk denn sei. Wer dreißig Bände liest und dann zu seinem Erstaunen hört, daß er nun erst am Schlusse der Einleitung stehe, der hat ein Recht zu dieser Frage. Ich bin es ihm schuldig, eine wenn auch nicht vollständige, so aber doch genügende Antwort zu erteilen. Ich gebe sie in dem soeben jetzt erscheinenden Drama » B a b e l u n d B i b e l « , eine arabische Phantasie in zwei Akten von Karl May. - Wer da sieht, daß es sich hier um den Unterschied zwischen Gewalt- und Edelmenschen handelt und daß die allen meinen Lesern so wohlbekannte Marah Durimeh die Menschheitsseele ist, dem muß es unglaublich erscheinen, daß es Leute gegeben hat, die behaupteten, ich habe, und zwar nur zur Unterhaltung unfertiger Menschen, weiter nichts als ganz gewöhnliche Indianer- und Beduinengeschichten geschrieben! (4)
Ursprünglich sollte »Babel und Bibel« Auftakt zu einer ganzen Reihe von Dramen werden, und bereits am 11. August 1906 machte May sich an die Vorarbeiten eines neuen Stückes: Kyros. Dramatisches Portrait. (5) Daß dieses neu-babylonische Drama über wenige Verszeilen nicht hinausgekommen ist, lag am Mißerfolg von »Babel und Bibel«, denn trotz verschiedener positiver Presse-Rezensionen (6) (die May oft auch als Flugblätter nachdrucken ließ) nahm die Öffentlichkeit keinerlei Notiz von dem Stück, und noch in »Mein Leben und Streben« (1910) stellte May resigniert fest: Ich habe ein einziges Mal etwas Künstlerisches schreiben wollen, mein »Babel und Bibel«. Was war die Folge? Es ist als »elendes Machwerk« bezeichnet und derart mit Spott und Hohn überschattet worden, als ob es von einem Harlekin oder Affen verfaßt worden sei. Da weicht man zurück und wartet auf seine Zeit. Und diese kommt gewiß. (7) Bis heute blieb »Babel und Bibel« eine Bühnenaufführung versagt, und außer den zeitgenössischen Pressestimmen und dem sehr allgemein gehaltenen »Schlüssel« des Bandes »Ich« (8) gab es bisher als einzige ausführliche Würdigung des Stückes nur das »Babel und Bibel«-Kapitel in Hansotto Hatzigs Monographie »Karl May und Sascha Schneider«. (9)
Das Thema von »Babel und Bibel«, daß sich der Gewaltmensch in den Edelmenschen verwandeln müsse (10), ist das große Leitmotiv, das sich durch alle späten Werke Mays zieht. Seine Grundlage bildet das »Märchen von Sitara«, das damals Mays Vorstellungswelt schon beherrscht haben muß, obwohl er es erst drei Jahre später, im
Augsburger Vortrag Sitara, das Land der Menschheitsseele. Ein orientalisches Märchen (11) am 8. Dezember 1909 in seiner Geschlossenheit formulierte und dann 1910 als Einleitung zur Selbstbiographie schriftlich niederlegte: Wenn man von der Erde aus drei Monate lang geraden Weges nach der Sonne geht und dann in derselben Richtung noch drei Monate lang über die Sonne hinaus, so kommt man an einen Stern, welcher Sitara heißt . . . (12) Dieses Sitara . . ., das wunderbare und hochgelegne Land der Sternenblumen (13) taucht schon in der Bühnenwelt von »Babel und Bibel« auf.
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Der Gedanke, das Thema nach dem Mißerfolg des Dramas neu in Romanform aufzugreifen, lag nahe, zumal Fehsenfeld dringend auf einen neuen Band »Reiseerzählungen« wartete. So versprach ihm Karl May Anfang 1907 einen zweibändigen Roman Abu Kital, der Scheik der An'allah, der zu Weihnachten fertig vorliegen sollte. May selbst nahm sofort tatkräftig die Werbemaßnahmen in die Hand. Er veranlaßte Fehsenfeld zur Herstellung eines Buchhandels-Plakats mit dem (auch als Titelbild vorgesehenen) Abu-Kital-Kopf von Sascha Schneider. (14) Für »Kürschners Literaturkalender« 1908 verfaßte und finanzierte (15) Karl May sogar eine ganzseitige Anzeige (vgl. Faksimile S. 84).
Der Verbleib dieses Romans (der seit der Anzeige auch in das May-Werkverzeichnis im »Kürschner« eingegangen ist (16)) war immer rätselhaft. Der Herausgeber von Band »Ich« (21.-26. Auflage 1958-1965) sagt darüber: » . . . einige Briefe an den Verleger Fehsenfeld berichten über Beginn und Fortschritt der Arbeit; die Buchausgabe war schon vorbereitet. Dann muß May aus irgendeinem heute nicht mehr feststellbaren Grunde plötzlich abgebrochen haben: das Werk erschien nie und war auch im Nachlaß nicht aufzufinden.« (17) Ab 27. Aufl. (1968) ist zusätzlich vermerkt: » . . . im Nachlaß fand sich lediglich das Titelblatt sowie ein Textansatz von etwa einer Seite zum ersten Kapitel "Bent'ullah".« (18) Diesen Textansatz hat Hansotto Hatzig erstmals in seinem »Babel und Bibel«-Kapitel abgedruckt. Buchtitel und Überschrift sprechen dafür, daß Karl May tatsächlich den »Babel
[Reprintierte Anzeige zu "Abu Kital" (44Kb-Gif)]
und Bibel«-Stoff in Form einer Reiseerzählung wieder aufgreifen wollte: Es war in meiner ersten Haddedihnzeit . . . (19)
Mit ziemlicher Sicherheit kann man annehmen, daß May den Roman nie geschrieben hat. Da er sogar Zettelnotizen und Merkblätter sorgfältig aufzuheben pflegte (20), ist es unwahrscheinlich, daß er ein umfangreicheres Manuskript dieser Art vernichtet haben könnte. Konkrete Hinweise Mays auf ein »Fortschreiten der Arbeit« an »Abu Kital« gibt es auch nicht. Zwar meldete er im März 1907, daß der Roman begonnen sei (was ja stimmte); alle späteren Erwähnungen beziehen sich aber nur auf die Werbemaßnahmen. Wahrscheinlich meinte May noch im Sommer 1907, den Roman - wie er es jahrzehntelang praktiziert hatte - in einem Zuge niederschreiben zu können, so daß er zu Weihnachten vorgelegen hätte. Offenbar hat er aber nicht mehr den Ansatz gefunden, zumal gerade um diese Zeit die nervenaufreibenden Prozeß-Aufregungen durch Gerlachs Meineids-Anzeige begannen. (21) So blieb Fehsenfeld als einzige Weihnachts-Neuerscheinung der Neudruck der »Erzgebirgischen Dorfgeschichten«, deren Rechte May im Zuge des Vergleichs mit dem Münchmeyer-Verlag im Oktober 1907 zurückerhalten hatte. (22)
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Noch einen weiteren Grund gab es - nachdem der erste kurze Arbeits-Impuls vorüber war -, den »Abu Kital«-Plan, wenn nicht fallenzulassen, so doch vorerst zurückzustellen. Das war die Wiederanknüpfung einer Beziehung, die May für immer zerrissen glaubte: die Verbindung zum Verlag Friedrich Pustet, Regensburg, und zu seiner Familienzeitschrift »Deutscher Hausschatz«.
Die literarische und geschäftliche Zusammenarbeit Karl Mays mit dem »Deutschen Hausschatz« war sehr wechselvoll verlaufen. Nach ursprünglich harmonischer Beziehung - nur leicht getrübt durch Mays Säumigkeit bei der Manuskript-Lieferung - kam es zu ernsthaften Differenzen, nachdem der Hausschatz-Redakteur Heinrich Keiter um 1894/95 eigenmächtig umfangreiche Streichungen in Mays Roman »Krüger Bei« vorgenommen hatte. (23) Karl May verbat sich - damals wie später immer wieder - strikt jede Änderung in seinen Manuskripten. (24)
Zum vermeintlich endgültigen Bruch kam es 1898. Damals erschien im Hausschatz der Roman »Im Reiche des silbernen Löwen«. Ich war grad bis zum Schluß des zweiten Bandes gelangt, da bekam ich von befreundeten Redaktionen einen Waschzettel des »Hausschatzes« geschickt, dessen Inhalt mich veranlaßte, meine damalige Absage zu wiederholen. Ich telegraphierte Pustet, daß ich mitten in der Arbeit aufhören müsse und kein Wort weiter für ihn schreiben werde. Er mußte mir sogar das in seinen Händen befindliche, noch ungedruckte Manuskript wieder senden, worauf ich ihm das darauf entfallende Honorar wiederschickte. (25) Der Wortlaut dieses Waschzettels hat sich leider bisher nicht ermitteln lassen. (26) Vermutlich ging es um die Münchmeyer-Romane, von deren Existenz der Verlag Pustet durch seine amerikanischen Filialen erfahren hatte. Dieser Waschzettel stammte wohl auch nicht mehr von Heinrich Keiter, der am 30.8.1898 verstorben war, sondern von seinem Nachfolger, Kgl. Wirkl. Rat Dr. Otto Denk. Dieser Mann, der selbst schriftstellerisch tätig war und unter dem Pseudonym Otto von Schaching zahlreiche Erzählungen und Gedichte veröffentlichte (27), war Karl May ausgesprochen feindlich gesonnen. Auf verschiedene Anfragen aus dem Hausschatz-Leserkreis äußerte er sich stets in schärfsten Tönen über May als »Verfasser höchst unsittlicher, ja geradezu niederträchtig gemeiner Kolportageromane« (die er vermutlich nie selbst gelesen hatte), aber auch abwertend über die einst vom »Hausschatz« so gepriesenen Reiseerzählungen. Es ist verständlich, daß May, dem solche Äußerungen zu Gesicht kamen, eine künftige Mitarbeit am »Deutschen Hausschatz« für ausgeschlossen hielt.
Um so erstaunlicher ist es, daß diese erneute Beziehung doch zustande kam. Den entscheidenden Impuls dazu hat Heinrich Wagner, der Chefredakteur der »Donau-Zeitung«, Passau, gegeben. Wagner, ein überzeugter Bewunderer Mays, hatte sich im Herbst 1906 an May mit der Bitte um biographische Unterlagen für einen Vortrag gewandt. Karl May hatte dieser Bitte großzügig entsprochen und Wagner so viel Material, von handschriftlichen Ausführungen bis zu seinem Privatdruck »Ein Schundverlag und seine Helfershelfer« (28), überlassen, daß Wagner nicht nur (am 20. 11. 1906) seinen Vortrag halten konnte, sondern darüber hinaus eine Artikelserie über Karl May für die
»Donau-Zeitung« schrieb und anschließend - überarbeitet - als Broschüre veröffentlichte. (29) Wagner verfügte als Redakteur der streng katholischen »Donau-Zeitung« über weitreichende Verbindungen zur katholischen Presse seiner Zeit. So auch zum »Deutschen Hausschatz«, dessen Zerwürfnis mit Karl May ihm natürlich bekannt war. Im Frühjahr 1907 gab er Otto Denk Einblick in die ihm von May überlassenen Unterlagen. Dieser schrieb daraufhin sehr freundlich an Karl May und bat um Klärung der Mißverständnisse (Kolportageromane, Konfessionsstreit); May antwortete ebenso versöhnlich. Von einer neuen literarischen Verbindung war aber noch nicht die Rede.
Sie nahm erst ein halbes Jahr später konkrete Formen an, als Otto Denk am 13. September 1907 nach München reiste, wo Karl May zu einem zehntägigen Besuch weilte. Noch später betonte May, daß er mit Herrn Kommerzienrat Pustet niemals persönlich gebrochen habe und eine aufrichtige Freude und Genugtuung empfand, als er nach einer Reihe von ungefähr zehn Jahren seinen jetzigen Hausschatzredakteur, Herrn Königlichen Wirklichen Rat Dr. Otto Denk, zu mir nach Hotel Leinfelder in München sandte, um mich zu veranlassen, wieder Mitarbeiter des »Hausschatzes« zu werden. (30) Das Ergebnis dieser Besprechung las man bereits im Oktober im »Deutschen Hausschatz«:
Mit dem Heft 3 des 34. Jahrgangs (Nov. 1907) setzte dann Mays Mitarbeit ein mit der ersten Folge des »Mir von Dschinnistan«, die May mit persönlichen Worten einleitete:
Allen Lesern unseres lieben »Hausschatz« ein herzliches Grüß Gott! Es tat mir unendlich leid, daß die Reihe meiner für sie bestimmten Reiseerzählungen in unserem Lieblingsblatt unterbrochen werden mußte, denn diese Erzählungen hatten einen tiefen menschheits-psychologischen Zweck und führten nach einem hohen kulturgeschichtlichen Ziele. Was ich inzwischen weitererzählt habe, ist für diesen Zweck und dieses Ziel von solcher Wichtigkeit, daß ich bitte, es in meinen »Gesammelten Reiseerzählungen« nachzulesen, damit nicht eine Lücke entstehe, die später nicht mehr auszufüllen ist. Es gewährt mir eine aufrichtige Freude, nun wieder an der alten Stelle und zu den alten Freunden sprechen zu können, und ich bitte um die Erlaubnis, es auch wieder in der alten, ungekünstelten Weise tun zu dürfen, die vom Herzen zum Herzen spricht. (31)
Was für ein Werk die Hausschatz-Redaktion mit dem »Mir« erwartet hat, ist unbekannt. Zumindest wurde sein Erscheinen Gegenstand wie auch Mittel umfangreicher Werbemaßnahmen, und in großer Menge versandte der Verlag den nebenstehenden Handzettel.
Doch schon bald setzte die Kritik ein. Leser vermißten die alte »Frische und Abwechslung«; man stieß sich schon an den Anfangskapiteln, in denen man Anklänge an Darwins Evolutionstheorie sah, was mit den katholischen Dogmen nicht vereinbar sei. Überhaupt wurde May dringend angehalten, ja nichts zu schreiben, was nicht in Einklang mit den Wahrheiten der katholischen Kirche stehe. Als ein Leser sogar den Abdruck des »Mir« als »Todsünde« bezeichnete, bat die Redaktion May, selbst darauf zu antworten. Dieser verband seine Stellungnahme mit der Antwort auf eine positive Leserstimme: B. M. Der Ausdruck »Literarische Todsünde« ist entschieden zu hart. Man darf ein Werk nicht verurteilen, bevor man die Absicht des Verfassers gründlich kennen gelernt hat. Lesen Sie die Erzählung bis zum Schlusse und dann wollen Sie uns Ihr Urteil wieder berichten! Herrn Dr. W. in München. Sie ahnen richtig. Der »Mir von Dschinnistan« will befreien, die einen aus ihrem Sumpfe und die andern aus ihrer Wüste. Auch die Vermutung ist richtig, daß diese Erzählung nicht etwa der Phantasie, sondern dem wirklichen Leben entstammt und nach dem höchsten und heiligsten Orte führt, den es auf Erden gibt, nämlich zum Hochaltar der christlichen Kirche. Wenn Sie Ihr Urteil verfrüht nennen, so irren Sie sich. Wer den Verfasser und seine Werke so genau kennt wie Sie, der weiß, daß wir den neu beginnenden Jahrgang mit einem vollen, frohen Sieg des »Mir« beschließen werden. (32)
Die Vermutung ist rein spekulativ, aber der Gedanke liegt nahe,
[Reprintierte Werbeseite zum "'Mir von Dschinnistan" (39Kb-Gif)]
daß der »Dr. W. in München«, der den Verfasser und seine Werke so genau kennt, evtl. Dr. Franz Weigl in München war. Weigl veröffentlichte 1908 seine Verteidigungsschrift »Karl Mays pädagogische Bedeutung« (33), und in die 2. Auflage (1909) nahm er Mays unter dem Namen »Oberlehrer Franz Langer« verfaßte Selbstinterpretation auf, in der auch auf den »Mir von Dschinnistan« Bezug genommen wird:
Die Waffen, welche erst eine so große Rolle spielen, der Bärentöter, der Henrystutzen, die Silberbüchse, werden immer weniger gebraucht. An die Stelle des Säbels und der Flinte, des Revolvers und des Messers tritt die Intelligenz und die Menschlichkeit als immerwährende Siegerin, und in der jetzt im »Deutschen Hausschatz«, Regensburg, erscheinenden Friedenssymphonie »Der Mir von Dschinnistan« ist Karl May in seiner Aufgabe schon so weit vorgeschritten, daß ein zwischen mehreren Völkern raffiniert vorbereiteter Krieg zum friedlichen Ende geführt wird, ohne daß während des ganzen Feldzuges ein einziger Schuß zu fallen braucht . . . (34)
Daß die polemischen Auseinandersetzungen mit Lesern und mit der Redaktion der Geschlossenheit des Werkes nicht gerade förderlich waren, ist verständlich. Zumal May sehr bald feststellen mußte, daß auch der Redakteur Otto Denk in seinen Texten Änderungen und Streichungen vornahm. Daraus ergab sich ein umfangreicher brieflicher Disput. Leider waren uns diese Briefe (darunter ein 113 Seiten langer Brief Mays an Kommerzienrat Pustet), die heute im Archiv des Karl-May-Verlags, Bamberg, lagern, wie auch das Manuskript zu »Ardistan und Dschinnistan«, nicht zugänglich. Die Anfrage des geschäftsführenden Jahrbuch-Herausgebers, Hans Wollschläger, an den Karl-May-Verlag um Einsichtnahme und Auswertungs-Möglichkeit der Unterlagen blieb ohne jede Antwort. Einige May-Briefe befinden sich jedoch noch im Archiv des Pustet-Verlags, der uns freundlicherweise die Genehmigung zum Abdruck erteilt hat.
Um das Drängen nach Manuskript-Lieferungen geht es in Mays Briefen vom 20. 1. 08 und vom 26. 3. 08 an Otto Denk:
d. 20./1. 08.
Hochgeehrter Herr Rath!
Hier weitere 50 Seiten. Sie sehen, daß ich trotz Mangel an Zeit bestrebt bin, für Vorrath für Sie zu sorgen.
Herzlichen Gruß!
Ihr alter May.
d. 26./3. 08.
Sehr geehrter Herr Rath!
Soeben sendet mir A. Abels (35) Ihre Karte, in der Sie Aufschluß über meinen gegenwärtigen Aufenthalt verlangen und sagen, daß die Situation nachgerade peinlich und fatal werde!!!
Ja, darf ich denn meinen Augen trauen? Bin ich denn ein Vagabund, nach dessen Aufenthalt man erst andere Menschen fragen muß? Ich wohne Radebeul-Dresden, Villa Shatterhand und habe Ihnen Manuscript des »Mir von Dschinnistan« bis auf Schreibseite 736 zugeschickt. Sie haben also einen ganzen Haufen Vorrath, und ich bitte Sie ganz dringend um p o s t w e n d e n d e Mittheilung, in wiefern Ihre Situation nachgerade peinlich und fatal zu nennen ist. Wenn bis Sonntag früh keine Antwort von Ihnen da ist, nehme ich an, daß die Gerlach-Cardauns-Polizei Ihnen meine Briefe und Manuscripte unterschlägt und werde mich sofort direct an den Justizminister wenden.
Mit herzlichem Gruß
Ihr alter, im höchsten Grade erstaunter Karl May.
Der Schlußsatz bezieht sich auf die nach der Haussuchung vom 9. 11. 1907 über May verhängte Briefsperre (36) und gibt einen kleinen Einblick in die Aufregungen, die May auszustehen hatte. Ungleich wichtiger ist Mays Brief vom 31. Dezember 1908 an Kommerzienrat Pustet, in dem zugleich Andeutungen zur Interpretation des »Mir von Dschinnistan« gegeben werden:
31./12. 08
Verehrter Herr Kommerzienrath!
Mit reichen Reisefrüchten bin ich aus Amerika zurückgekehrt. Die erste dieser Früchte ist »Winnetou. Band IV«, welcher demnächst in der »Augsburger Postzeitung« erscheinen wird. Die Redaction und der Verlag dieser Zeitung haben sich das Werk im Voraus gesichert. Es werden, sobald der »Mir« beendet ist, schnell neue Werke folgen. In New-York besuchte ich auch Ihren Laden, um mir dort Einiges zu kaufen.
Leider habe ich mir außer diesen guten Dingen auch etwas recht Schlimmes mitgebracht. Ich zog mir da drüben eine Verletzung zu, die ich nicht beachtete. Sie wuchs sich aber infolge der ungewöhnlichen Reiseanstrengungen so schnell und gefährlich aus, daß ich, um mein Leben zu retten, mich hier in Dresden kurz vor Weihnacht operiren lassen mußte. Man schnitt mir ein großes Stück Fleisch aus der Brust. Nun sitze ich hier, in Bandagen bis an d en Hals gewickelt. Das Schreiben verursacht mir Schmerzen. Ihnen aber schreibe ich dennoch g e r n , um Ihnen von Neuem zu sagen, wie lieb wir alle Sie haben und wie sehr und aufrichtig wir wünschen, daß Sie Ihrer Familie und dem »Hausschatz« noch recht, recht lange erhalten bleiben! Das ist am heutigen Sylvester unsere Bitte für das neue Jahr, und, so Gott will, wird sie uns in Erfüllung gehen.
Lesen Sie den »Mir«? Merkt man immer noch nicht, wie er nun ausholt, um alle die kleinlichen, kurzsichtigen Vorwürfe zu schanden zu machen? Nächstens mehr über ihn. Für heut die Frage: Haben Sie gesehen, daß ich Wort halte? Abd el Fadl, der Fürst von Halihm, und seine Tochter Merhameh, wer sind diese beiden? Auch die Mutter kommt noch dazu, sobald wir oben auf der Höhe sind. Die Sympathie für diese drei Personen wird
umso schneller wachsen, je deutlicher ich sie gestalte. Man weiß, daß alle meine Erzählungen Schlüsselerzählungen sind, und Viele merken schon jetzt, wer eigentlich die sind, die ich hier zeichne.
Und nun zuletzt eine geschäftliche Bitte! In London sind mir alle meine Aufzeichnungen und Notizen über den »Mir« abhanden gekommen. Wollte ich warten, bis man sie dort findet und sie herüberschickt, so würde Herr Rath Denk auf Manuscript zu warten haben. Bisher hat er noch nie auch nur einen Augenblick zu warten gehabt, und das soll auch ferner nicht geschehen. Darum bitte ich Sie, verehrter Herr Kommerzienrath, um die gütige, möglichst p o s t w e n d e n d e Z u s e n d u n g des im vorigen Jahrgange abgesetzten Manuscriptes, welches Sie ja nicht mehr brauchen. Es ist das also bis Schluß des 2ten Kapitels (pag. 1014). Sobald ich das habe, brauche ich die fehlenden Notizen nicht mehr und kann Ihre Redaction vollauf befriedigen.
Nun nochmals, auch von meiner Herzensfrau, die herzlichsten Grüße und Wünsche zum Neujahr, für Sie selbst, Ihre hochverehrte Frau Gemahlin und Fräulein Tochter, die wir, wenn wir hier von ihr sprechen, nicht anders mehr nennen als Merhameh.
In aufrichtigster Hochachtung
Ihr ergebener Karl May.
Dieser Brief entstand nach der Rückkehr von Karl Mays Amerikareise 1908, auf der er auch die Pustet-Filiale in New York besuchte. Bereits am 31. 7. 1908 hatte Klara May versucht, über den Buchhändler Hans Möller - und möglichst ohne Wissen des Pustet-Verlags - »ein vollständiges Verzeichnis aller Verlagsartikel der Firma Pustet« und »die genaue Adresse dieser beiden Filialen in Amerika« (37) zu erhalten. Was May mit dieser Anfrage allerdings bezweckte, ist unklar.
Um technische Dinge, in Zusammenhang mit der Amerikareise, geht es in einer undatierten Karte an Otto Denk:
Verehrter Herr Rath! Haben Sie den Einschreibebrief, den ich vor einer Woche an Sie sandte, nicht erhalten? Ich bat, mir die letzten 100 Manuscriptseiten vom »Mir« noch einmal zuzusenden. Nur für einen Tag. Ich schicke sie sofort zurück. Ich wollte ursprünglich von New-York nach London und habe Verschiedenes dorthin vorausgesandt, darunter auch meine Arbeitsnotizen über den »Mir«. Schließlich bin ich doch direct nach Hause, und nun liegen diese Notizen in London, bis ich sie mir persönlich hole. Um Sie aber vorher genügend mit Manuscript versehen zu können, muß ich die letzten 100 Seiten nochmals durchlesen. Also bitte d r i n g e n d , sie mir gütigst u m g e h e n d zu senden!
Ihr sehr ergebener K. May.
Einen geharnischten Brief schließlich erhielt Otto Denk am 3. Februar 1909, einen temperamentvollen Brief, der seiner charakteristischen Form wegen im Faksimile der Handschrift wiedergegeben sei:
[May-Brief-Faksimile (35Kb-Gif)]
[May-Brief-Faksimile (30Kb-Gif)]
d. 3./2. 09.
Sehr geehrter Herr Rath!
Ich wurde von verschiedenen Seiten gefragt, warum mein Stil und meine prägnante, sachgemäße und fachmännische Ausdrucksweise im »Mir« so außerordentlich verschandelt und gar nicht wieder zu erkennen sei. Das Lesen errege stellenweise geradezu s t i l i s t i s c h e n E k e l und man merke, daß ein gutes, schmackhaftes Fleisch vom Koch g a n z g r ü n d l i c h v e r d o r b e n w o r d e n s e i . Ich lese nie im »Hausschatz« nach. Ich bat also Herrn Kommerzienrath, mir das abgesetzte Manuscript zu senden, und forderte die betreffenden Herren auf, mir die bezüglichen Stellen anzugeben. Als dies geschehen war schlug ich in meinem Manuscripte nach. Was ich fand, war geradezu h i m m e l s c h r e i e n d und e m p ö r e n d .
Hier nur eine k l e i n e Probe! Ich sehe da
Das sind auf 10 Manuscriptseiten 132, sage und schreibe hundertzweiunddreißig V e r f ä l s c h u n g e n des ächten Karl May! Ich bitte, sich augenblicklich hierüber zu äußern!!!!!!
Mit verehrungsvoller Hochachtung
Ihr ergebener Schuljunge
Karl May.
Wir haben in dem ganzen abgesetzten Manuscript n i c h t e i n e e i n z i g e E n t g l e i s u n g m e i n e r s e i t s g e f u n d e n , und die Stelle, wo Sie mir das Wunder ausgestrichen haben, ist t a d e l l o s !
Da mag die Redaktion »den angenehmen Erfolg der Wiederanknüpfung unserer Verbindung mit diesem gefeierten Schriftsteller« bedauert haben, und immer mehr wurde May zu einem raschen Abschluß gedrängt. Mit Brief vom 17. 2. 09 ging eine neue Sendung von Manuscript für den »Mir von Dschinnistan« nach Regensburg ab. Am 6. 7. 09 schließlich (diesmal wieder mit herzlichem Gruß) die letzte Manuskriptsendung: Hier der Schluß des »Mir«. Mit Seite 2050, wie ich berechnet hatte. Der Verlag war bemüht, sich »in stiller Weise von Karl May zurückzuziehen« (38), die Handlung des »Mir« wurde immer gedrängter und schließlich im Heft 24 (September 1909) mit dem abrupten Satz: Das Weitere liest man später . . . beendet.
Immerhin blieb Mays Name für den »Deutschen Hausschatz« auch nach Abschluß des Romans zugkräftig, und so erschien am 19. Dezember 1909 in der »Augsburger Postzeitung« folgende Annonce:
Um weiteren Leseranfragen aus dem Wege zu gehen, hatte die Redaktion bereits in Heft 24/1909 bekanntgegeben: »Die Reiseerzählung "Der Mir von Dschinnistan" hat im vorliegenden Heft ihren Abschluß gefunden. Soviel uns bekannt, wird dieselbe bei Fehsenfeld in Buchform erscheinen.« (39) Diese Buchausgabe unter dem Titel »Ardistan und Dschinnistan« I/II ließ Karl May tatsächlich bereits im Sommer 1909 als Band 31 und 32 der »Gesammelten Reiseerzählungen« vorbereiten. In einer ganzseitigen Annonce im »Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel« (40) kündigte Fehsenfeld am 6. August 1909 das Erscheinen der Bände an: »Die Lieferungsausgabe (Heft 301 uff.) wird schon jetzt - mit Fortschreiten des Druckes - ausgegeben, während die Bandausgabe erst im Herbst d. J. fertiggestellt sein wird und zum Versand gelangt . . . Der Name Karl May bedarf keiner Empfehlung. Dies neue Werk wird von vielen Tausenden mit Begeisterung erwartet . . .« Am 17. 9. 1909 ging die letzte Manuskript-Lieferung an Fehsenfelds Drucker Felix Krais (Hoffmannsche
Buchdruckerei), Stuttgart, so daß die Bände pünktlich zu Weihnachten 1909 -vorlagen, auf dem Einband das Marah-Durimeh-Porträt von Sascha Schneider. (41)
Für die Buchausgabe »Ardistan und Dschinnistan« hat May den Text nochmals einer sorgfältigen Durchsicht unterzogen: »Als Vorlage für die Buchausgabe benutzte May nicht sein Originalmanuskript (das heute im Karl-May-Verlag verwahrt wird), sondern die Fahnen des Hausschatz-Textes, die er auf Blätter klebte und handschriftlich mit Änderungen versah. Hier und da sind ganze Partien des gedruckten Textes weggeschnitten und durch handgeschriebene Blätter ersetzt. Die gesamte Vorlage für die Buchausgabe besteht aus 367 Blättern und befindet sich ebenfalls im Archiv des Karl-May-Verlages.« (42)
Zahlreiche und oft bemerkenswerte Abweichungen sind bei der Vergleichslesung zwischen Hausschatz-Abdruck und Buchausgabe feststellbar. Vor allem hat May verschiedene Motivketten wieder herausgenommen. Um eine Vergleichslesung zwischen der Buchausgabe und der jetzt wieder in Faksimile zugänglichen ersten Druckfassung (43) zu erleichtern, hat Hansotto Hatzig in den »Mitteilungen der Karl-May-Gesellschaft« Nr. 30 (Dezember 1976) die Varianten in einer Zusammenstellung nachgewiesen.
Eine Übersicht des Presseechos auf das Erscheinen von »Ardistan und Dschinnistan« kann z. Zt. noch nicht gegeben werden, da die zeitgenössischen Presse-Veröffentlichungen zu Karl May erst jetzt systematisch erfaßt und zusammengetragen und damit der Forschung zur Verfügung gestellt werden. (44) Erwähnt seien deshalb vorerst nur die Rezensionen von zwei mit Karl May freundschaftlich verbundenen Autoren: Am 6. April 1910 erschien in der »Augsburger Postzeitung« aus der Feder von Amand von Ozoróczy »Neues von Karl May« (45); am 22. Januar 1910 brachte die »Driburger Zeitung« Dr. Franz Sättlers Besprechung »Ardistan und Dschinnistan«, die zu dem Fazit kommt: »Das ist christliche Kunst!« und in der Sättler feststellt: »Wenn man die beiden Bücher aus der Hand legt, so braucht man Zeit, sich wieder in die prosaischen Verhältnisse des Lebens zurückzufinden. Man fühlt, daß man gleichsam aus einer höheren Sphäre niedersteigt, in die uns die Kunst des Autors unvermerkt emporgehoben hatte.«
Die Buchfassung »Ardistan und Dschinnistan« I/II (Seitenumfang 603 bzw. 652 Seiten) des Verlags F. E. Fehsenfeld, Freiburg, übernahm der Karl-May-Verlag, Radebeul, unverändert (46) in fünf Auflagen vom 11. bis zum 50. Tausend (1916-1928). Dann verschwanden die Bände 31 und 32 der »Gesammelten Werke« »wegen Neubearbeitung« aus dem Buchhandel. Diese Neubearbeitung ist jedoch nie erschienen (47); erst 1955 kam eine Neuausgabe heraus. Sie erhielt Einzeltitel: Bd. 31 »Ardistan« (559 S.) und Bd. 32 »Der Mir von Dschinnistan« (467 S. Text und 14 S. Nachwort); der ursprüngliche Buchtitel »Ardistan und Dschinnistan« I/II wurde als Obertitel beibehalten. Inhaltlich enthält diese Ausgabe zahlreiche Abweichungen gegenüber der Freiburger Ausgabe. So wurde z. B. das »Märchen von Sitara« aus »Mein Leben und Streben« dem Roman vorangestellt und dafür die »Geisterschmiede«-Passage (XXXI, 342 ff.) innerhalb des Romans gestrichen.
Als in den fünfziger und sechziger Jahren, vor allem durch die Presse- und Rundfunk-Essays Arno Schmidts, das öffentliche Interesse auf die literarische Bedeutung von Mays Alterswerk gelenkt wurde, gab es auch eine immer stärkere Kritik an den »Bearbeitungen«. So entschloß sich der Karl-May-Verlag zu einer Revision des Textes aufgrund der Freiburger Ausgabe von 1909 (jedoch ohne Hinzuziehung des Original-Manuskripts); diese zweite Bamberger Fassung erschien 1967 mit dem 113. Tausend (Umfang Bd. I: 634 S.; Bd. II: 516 S.; das Nachwort fiel weg, dafür wurde beiden Bänden ein Nachspann-Text von zwei Seiten »Das Alterswerk Karl Mays« angehängt). Der Text entspricht heute also wieder nahezu der ersten Buchausgabe. Änderungen finden sich in der Orthographie und in kleinen stilistischen Korrekturen und Glättungen; es wurden »einzelne veraltete Stilformen behutsam revidiert«, wie es im Impressum von Bd. 32 heißt. So ist die im Handel befindliche Ausgabe auch für Forschungen im Wesentlichen brauchbar. Beibehalten aus der Bearbeitung wurde jedoch die neue Kapitel-Einteilung sowie die Zäsur zwischen Band I und II, die bei Fehsenfeld wohl auf Umfangsberechnungen beruhte, in der Bamberger Ausgabe mehr nach dem Sinnzusammenhang erfolgte. Sowohl in der Ausgabe von 1955 als auch in der von 1967 findet sich außerdem ein »Verzeichnis der arabischen (Symbol-) Wörter«.
Der Verlag Friedrich Pustet, Regensburg, hat Karl May trotz aller Differenzen und trotz des abrupten Endes seiner Mitarbeit in freundlicher Erinnerung behalten. Ein einfühlsamer Nachruf auf Karl May, vermutlich aus der Feder des Hausschatz-Mitarbeiters Dr. J. Wiese, erschien im »Deutschen Hausschatz«, 38. Jg., 1911/12, S. 714/15 (48) In seiner Festrede am 13. November 1926 zum hundertjährigen Gründungsjubiläum der Firma Pustet betonte Kommerzienrat Friedrich Pustet: »Ein Name, der mit der Geschichte unseres "Deutschen Hausschatz" unzertrennlich vereint bleibt, ist Karl May, der viel besprochene und auch viel umstrittene Verfasser der bekannten Reiseromane innerhalb der Jahre 1878 bis 1908, dessen schriftstellerischen Weltruf der Deutsche Hausschatz als sein erstes Publikationsorgan begründete.« (49) Und wie schon zum fünfzigjährigen Jubiläum des »Deutschen Hausschatz« (50. Jg. 1923/24, Heft 1, S. 1) schrieb Dr. Alfons Heilmann auch zum fünfundsiebzigjährigen Bestehen der (inzwischen auf den Sebaldus-Verlag, Nürnberg, übergegangenen) Zeitschrift: »Ihre höchste Auflage erreichte die Zeitschrift damals durch die Veröffentlichung der Reiseerzählungen von Karl May, die eine einzigartige Zugkraft besaßen.« (50)
Als die Karl-May-Gesellschaft ihre zweite Mitgliederversammlung in Regensburg (1973) plante, erhielt sie tatkräftige Hilfe vom Verlag Friedrich Pustet, und als Auftakt einer Reihe von Faksimile-Drucken der Hausschatz-Urausgaben Mays erschien 1976 in Zusammenarbeit der Karl-May-Gesellschaft mit der Buchhandlung Pustet ein fotomechanischer Nachdruck des einst umstrittenen, heute aber - losgelöst von allem konfessionellen Disput - als literarische Leistung anerkannten
» M i r v o n D s c h i n n i s t a n « .
2 Augsburger Postzeitung Nr. 168 vom 28. 7. 07 (von May auch als Flugblatt nachgedruckt); Faksimile-Wiedergabe in: Mitt.-KMG Nr. 21 (Sept. 1974)
3 Hans Wollschläger, Karl May. Grundriß eines gebrochenen Lebens. Neuausgabe: Zürich 1976, 139
4 Kleinoktav-Prospekt mit einem undatierten, vom Februar 1906 stammenden, Brief Karl Mays an F. E. Fehsenfeld (Archiv der Karl-May-Gesellschaft)
5 Abdruck des »Kyros«-Fragments in: KMJB 1921, S. 20 ff.; um einen Achtzeiler gekürzt auch in Ges. Werke, Bd. 49 »Lichte Höhen«, Bamberg 1956, 300 f.
6 z. B.: Emscher-Lippe-Volkszeitung, 31. 7. 06; Münchner Neueste Nachrichten, 18. 11. 06; Allg. Zeitung, München, 11. 7. 07, Natur und Kultur, 1. 12. 06; Der Familienschatz, 28. 11. 06 und andere. Faksimile-Nachdruck der ersten drei Rezensionen in: Graff-Anzeiger, Braunschweig, Nr. 10 (2. Quartal 1976)
7 Karl May, Mein Leben und Streben. Freiburg o. J. (1910), S.229; Faksimile-Nachdruck dieser einzigen authentischen Fassung der Selbstbiographie: Hildesheim-New York 1975 (vgl. Jb-KMG 1976, 287 ff.)
8 11.-20. Aufl. (1931-1942), S. 525 ff.; ab 27. Aufl. (1968), S. 401 f.
9 Hansotto Hatzig, Karl May und Sascha Schneider (Beiträge zur Karl-May-Forschung, Bd. 2), Bamberg 1967, S.135 ff. Kapitel: »Mays Drama - das Drama Mays«
10 Karl May, Skizze zu Babel und Bibel, in: KMJb 1921, 52, auch enthalten in: Ges. Werke, Bd. 49 »Lichte Höhen«, Bamberg 1956, 260. Den uns heute so fremd anmutenden Begriff »Edelmensch« dürfte May von Bertha von Suttner übernommen haben (vgl. Hansotto Hatzig, Bertha von Suttner und Karl May, in: Jb-KMG 1971, 246 ff., speziell 250 f.); im Grunde ist es, wie Heinz Stolte erwähnt, ein »von Goethe adaptierter Begriff« (vgl. Stolte in diesem Jahrbuch, S. 27)
11 zitiert nach: Hans Wollschläger, Karl May (a. a. O. 167). Wenn die »Blätter für Volksliteratur«, Graz, das von Karl May stammende Wort Sitara als Schimpfwort gebrauchen (»der Sitara-Schmidt«), so wirkt es grotesk, daß sie dies auch noch für eine May-Verteidigung halten. Aber »anscheinend ist man bei einer gewissen Sorte von Karl-May-"Freunden" auch heutigentags noch vor unerwarteten Überraschungen nicht sicher . . .« (50 Jahre Karl-May-Verlag, Bamberg 1963, S. 11).
12 Karl May, Mein Leben und Streben, a. a. O., S. 1
13 Karl May, Babel und Bibel. Arabische Fantasia. Freiburg 1906,1. Akt, 3. Auftritt (Z. 388-89)
14 vgl. H. Hatzig, Karl May und Sascha Schneider (a. a. O., Bildtafel 30)
15 vgl. Mitt.-KMG Nr. 8, S. 11
16 vgl. Erich Heinemann in: Jb-KMG 1976, 203
17 Bd. 34 »Ich«, Bamberg 1958-1965, 332
18 Bd. 34 »Ich«, Bamberg 1968 ff., 363
19 vgl. H. Hatzig, Karl May und Sascha Schneider (a. a. O., S. 152)
20 Zahlreiche Notizen dieser Art befinden sich noch heute im Archiv des Karl-May-Verlags. Mit Klara Mays späterer Behauptung (Mit Karl May durch Amerika, Radebeul 1931, S. 183), daß Karl May manchmal, wenn er gestört wurde, »alles schon Geschriebene einfach in den Papierkorb warf«, dürfte es nichts auf sich haben.
21 vgl. Hans Wollschläger, a. a. O., S. 144. Die Haussuchung, die Gerlach im Zusammenhang mit der Meineids-Anzeige erreichte, und den Schock, den diese für May bedeutete, hat Hans-Jürgen Syberberg sehr eindrucksvoll in seinem Film »Karl May« gezeigt, der jüngst durch die Ausstrahlung im ZDF (10. und 12.1.1977) einem breiteren Publikum bekannt wurde.
22 vgl. mein Vorwort zu: Karl May, Erzgebirgische Dorfgeschichten. Faksimiledruck der Ausgabe Dresden 1903, Hildesheim-New York 1977
23 vgl. Dr. E. A. Schmid, Die verfälschte Handschrift, in: KMJb 1926, 245 ff.
24 vgl. z. B. auch Mays im Jb-KMG 1972/73, S. 112, zitierte Äußerung, der noch eine große Anzahl aus den späten Jahren hinzugefügt werden könnte. Wenn neuerdings Th. Ostwald (im Nachwort zum Faksimiledruck »Et in terra pax«, Bamberg-Braunschweig 1976) Mays Behauptung, er ändere und feile nie, widerlegen und in der Widerlegung zugleich eine Bearbeitungs-Berechtigung sehen will, so wirkt die Argumentation etwas einfältig. Wo wird denn Mays Äußerung »heute so gern gegen Bearbeitungen ins Feld geführt«? May hatte, wie jeder Autor, selbstverständlich das Recht, sein Werk für Neuausgaben so oft zu überarbeiten, wie er wollte. Die Schlußfolgerung, daß er damit zugleich eine General-Vollmacht für Bearbeitungen von dritter Hand erteilt habe, ist abwegig.
25 Karl May, Mein Leben und Streben, a. a. O., S. 235 f. Bei dem zurückgesandten
Manuskript handelt es sich um das Kapitel »In Basra«, mit dem Karl May dann 1902 den Band III »Im Reiche des silbernen Löwen« einleitete.
26 vgl. Hainer Plaul in: Karl May, Mein Leben und Streben, Faksimiledruck Hildesheim-New York 1975, S. 428 f., Anm. 238
27 Zur Biographie Otto Denks (1853-1918) vgl. Plaul, a. a. O., S. 429 f., Anm. 239. Einen Nachruf auf Denk bringt der »Deutsche Hausschatz« im Jg. 44 (1917/18),Heft 12. Dort wird auch auf einen »vortrefflichen Essay« über Otto Denk (Otto von Schaching) in Pater Ansgar Pöllmanns Buch »Rückständigkeiten« verwiesen.
28 vgl. Jb-KMG 1976, 213 (Anm. 5)
29 Heinrich Wagner, Karl May und seine Werke. Eine kritische Studie. Passau 1906/07. Faksimile-Nachdruck in: Dittrich/Wagner/Weigl, Schriften zu Karl May (Materialien zur Karl-May-Forschung, Bd. 2), Ubstadt-Bruchsal 1975
30 Karl May, Mein Leben und Streben, a. a. O., S. 236
31 Deutscher Hausschatz, 34. Jg., Heft 3 (Nov. 1907), S. 81; faksimiliert in : Mitt.-KMG Nr. 19 (Sept. 1974), S. 17
32 daselbst, Heft 24 (Sept. 1908), S. 956; faksimiliert in: Mitt.-KMG 21, S. 19
33 »Pädagogische Zeitfragen«, Bd. IV, Heft 22. München 1908, Verlag Val. Höfling
34 »Die Schund- und Giftliteratur und Karl May, ihr unerbittlicher Gegner« enthalten in: Weigl, Karl Mays pädagogische Bedeutung, 2. Aufl., München 1909, S.19-38 (Zitat S. 30 f.). Faksimile-Nachdruck in: Dittrich/Wagner/Weigl (wie Anm. 29)
35 A. Abels war Redakteur der »Münchner Neuesten Nachrichten« und gehörte zu den entschiedenen Verteidigern Karl Mays. Für ihn schrieb May 1906 seine »Skizze zu Babel und Bibel« (s. Anm. 10).
36 vgl. Hans Wollschläger, a. a. O., S. 147 (siehe auch Anm. 21)
37 Brief Klara Mays an Hans Möller, faksimiliert in: Mitt.-KMG Nr. 15 (März 1973) S. 20 (Original im Besitz von Renate-Maria Schmahl, Kiel)
38 Friedrich Pustet (jun.) Meine Erinnerungen an Karl May (Ungedr. Manuskript datiert 1.12.1939); zitiert mit frdl. Genehmigung des Pustet-Verlags, Regensburg.
39 faksimiliert in: Mitt.-KMG Nr. 21 (Sept. 1974), S. 20
40 Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel, Leipzig, 76. Jg., Nr. 180 vom 6. 8. 1909 (Ermittlung Hainer Plaul)
41 vgl. H. Hatzig, Karl May und Sascha Schneider (a. a. O., Bildtafel 29)
42 Claus Roxin und Hansotto Hatzig im Vorwort zu: Faksimiledruck »Der Mir von Dschinnistan« aus dem »Deutschen Hausschatz« 1907-1909. Regensburg 1976 (Neuveröffentlichung der Buchhandlung Pustet, Regensburg, in Zusammenarbeit mit der Karl-May-Gesellschaft, Hamburg)
43 siehe Anm. 42
44 Mit großer Energie widmen sich vor allem die Herren Hainer Plaul, Berlin, und Gerhard Klußmeier, Hamburg, in enger Zusammenarbeit mit dem Archiv der Karl-May-Gesellschaft, dieser Forschungsarbeit, so daß in absehbarer Zeit auch diese Lücke weitgehend geschlossen sein wird.
45 Faksimile-Nachdruck in: Mitt.-KMG Nr. 23 (März 1975), S. 21 ff. Zitatweise auch verwendet in: A. von Ozoróczy, Karl May und der Friede (KMJb 1928, S. 88)
46 vgl. Ilmer/Pielenz, Kaum merklich geändert (Sonderheft der KMG, Nr. 4), S. 4
47 Die sehr weitgehende Bearbeitung wurde von Otto Eicke und Franz Kandolf erstellt und war bereits in Fahnen abgesetzt; das Erscheinen wurde durch die Kriegsverhältnisse vereitelt.
48 faksimiliert in: Mitt.-KMG Nr. 15 (März 1973), S. 21
49 zitiert nach: Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel, Leipzig, 93. Jg., Nr. 282 vom 4. 12. 1926, S.1428; mit kleinen Abweichungen auch in: Die Firmengeschichte des Verlags Friedrich Pustet, Regensburg, 2. Aufl., Dez. 1932, S. 20
50 Alfons Heilmann, 75 Jahre, in: Deutscher Hausschatz (Ausg. A),75. Jg., Nr. 13 vom 18. 6. 1950, S. 3. Im gleichen Heft befindet sich unter der Überschrift »Karl May zwischen 7 und 9« ein Teilabdruck der »Freuden und Leiden eines Vielgelesenen« mit
Karl-May-Fotos aus dem Hausschatz-Jahrgang 23 (1896/97). Der Vollständigkeit halber sei noch erwähnt, daß im Deutschen Hausschatz, 64. Jg. (1937/38), Heft 8, S. 125, ein kleiner Aufsatz »Karl May als Volksschriftsteller« enthalten ist (Ermittlung Gerhard Klußmeier).
Für wertvolle Hinweise und Materialien danke ich den Herren Erich Heinemann, Hainer Plaul, Claus Roxin und Hans Wollschläger. Besonders danke ich dem Verlag Friedrich Pustet, Regensburg. Obwohl eine Darstellung der Beziehungen Karl Mays zum Hause Pustet nicht ohne einige kritische Worte ausgehen konnte, versagte der Verlag seine Hilfe nicht. Er stellte bereits vor Jahren Kopien der in seinem Archiv befindlichen May-Briefe Hainer Plaul, Berlin, und Erich Heinemann, Hildesheim, zur Verfügung und gestattete bereitwillig ihre Verwendung im Rahmen der vorliegenden Dokumentation.
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1 vgl. Jb-KMG 1972/73, S. 107
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