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‚Marhameh‘

Reiseerzæhlung von Karl Maÿ.

‚Merhameh‘

Reiseerzählung von Karl May.

Es war im östlichen Teil von Ardistan, also tief im orientalischen Hinterlande. Der Ritt, auf dem wir uns befanden, war für mich und meinen kleinen, treuen Hadschi Halef Omar ein sehr ehrenvoller. Nämlich mein Freund Abd el Fadl, dessen hohe Stellung meine Leser sehr wohl kennen, hatte uns seine Lieblingstochter anvertraut, sie sicher nach dem fernen Wadi Ahza zu bringen, wo liebende Verwandte sie erwarteten. Der Weg, der uns nach diesem Ziele führte, ging durch Gegenden, die man damals nicht nur beschwerlich, sondern sogar gefährlich nennen mußte, weil die Scheiks mehrerer dortiger Stämme sich miteinander veruneinigt hatten und jeden Augenblick der offene Ausbruch der Feindseligkeit zu erwarten war. Da konnte man sehr leicht zwischen die scharfen Schneiden einer sich plötzlich öffnenden Schere geraten, und es war gewiß ein großes Vertrauen, welches Abd el Fadl uns dadurch bewies, daß er die Sicherheit seines Kindes grad in unsere Hände legte, die wir doch eigentlich fremd im Lande waren.

Die Tochter hieß Merhameh, zu deutsch „Barmherzigkeit“. Sie war jung und schön, und zwar von einer so edlen, reinen, keuschen, ich möchte sagen, heiligen Schönheit, daß sie gar kein Wort zu sagen, sondern nur das Auge aufzuschlagen brauchte, um Alles, was nicht lauter, klar und sauber war, von sich abzuweisen. Sie übte, ganz ohne es zu wissen oder gar zu wollen, eine unter Umständen unwiderstehliche Macht sogar auf rohe Menschen aus, und es ist nicht nur damals, sondern auch anderweit vorgekommen, daß sie es war, die uns durch diese Macht beschützte, anstatt wir sie mit Hilfe unserer Waffen.

Wir waren zu Pferde. Halef und ich auf unsern beiden, wohlbekannten Rappen, Merhameh nach Art der Beduininnen auf einem hochedlen Braunen aus Amahnistan. Hinter uns folgte ein Diener, den Abd el Fadl uns mitgegeben hatte, um zwei Packpferde zu leiten, auf denen die Lagerkissen, Decken, Proviant, Geschenke und ähnliche Dinge verladen waren. Die Gegend, durch welche wir heut kamen, war bergig, doch unbewaldet. Sie gehörte dem Stamme der Münazah und grenzte an das Gebiet des Stammes Manazah. Beide Stämme waren, wie schon der Name andeutet, eng mit einander verwandt, hörten aber niemals auf, sich herüber und hinüber zu streiten.

Kürzlich hatte ein Manazah einen Münazah ermordet. Das erforderte Blutrache. Der Blutpreis war zwar angeboten, aber nicht angenommen worden, und so standen Kämpfe bevor, die unserer Reise leicht hinderlich werden konnten, da wir durch das Gebiet der beiden Stämme grad mitten hindurch mußten. Eine Umgehung war nicht möglich.

Eine Straße nach europäischen Begriffen gab es nicht. Wir folgten einem langgezogenen, schmalen Wässerlein, welches gar nicht alle, aber auch gar nicht breiter zu werden schien. Es tränkte hier und da einen Grasstreifen oder ein Gebüsch, aber ein Feld, einen Garten, ein Zelt oder gar ein Haus sah man nirgends. Man wohnte der unaufhörlichen Kämpfe wegen nicht am Wege, sondern man sah sich, obgleich man Besitzer war, gezwungen, sich wie ein Dieb oder Räuber zu verbergen. Man wohnte so fern wie möglich von oft betretenen Stellen. Hieraus ist es zu erklären, daß wir während des ganzen heutigen Tages noch keinen einzigen Menschen gesehen hatten. Erst jetzt, wo es um die Mitte des Nachmittages war, sahen wir plötzlich auf der nächsten Höhe links von uns einen Reitertrupp erscheinen. Er bestand aus zehn bis zwölf Männern, welche stutzten, als sie uns sahen, dann trotz der Steilung im Galopp zu uns herunterkamen und uns umzingelten. Sie waren nach dortiger Art sehr gut bewaffnet. Einer von ihnen, der Aelteste, fragte in strengem Tone, wer wir seien und wohin wir wollten. Ich antwortete:

„Wir kommen von Abd el Fadl, dem Fürsten von Halihm, und wollen nach dem Wadi Ahza, welches Ihr wohl kennen werdet.“

„Wir kennen es,“ nickte er, indem seine Haltung ehrerbietiger, sein Gesicht freundlicher und sein Ton höflicher wurde. „Es herrscht dort große Not. Krankheit und Hunger sind ausgebrochen. Da sendet Abd el Fadl, was er nur senden kann, um Trost und Hilfe zu spenden, obgleich die Leute von Ahza nicht seines Stammes, sondern Fremde für ihn sind. Er ist ein Fürst nicht nur von Geburt, sondern auch ein Fürst der wahren Menschenliebe. Du kennst ihn also wohl?“

„Ich bin Gast seines Hauses.“

Da legte er seine rechte Hand grüßend auf Brust, Mund und Stirn und sprach:

„So bitte ich dich, auch Gast bei mir zu sein! Wo wolltest du ruhen für heut?“

„Im Freien. An der Stelle, wo uns der Abend begrüßt.“

„So begrüße ich dich hiermit an dieses Abends Stelle und biete dir mein Zelt zur Wohnung an. Ich bin Omar Ben Amarah, der Scheik der Münazah.“

Er hatte, während er mit mir sprach, mich nur einmal ganz flüchtig angesehen. Sein Blick wurde vielmehr von unsern edlen Pferden angezogen und richtete sich dann auf Merhameh. Ihr Auge begegnete dem seinen. Da führte er die Hand abermals vom Herzen bis zur Stirn empor und verbeugte sich, ohne zu wissen, wer sie war, er, der Orientale, für den es eigentlich eine Schande war, ein Weib überhaupt zu bemerken. Dann setzte er sich an die Spitze des Zuges; seine Leute warteten, bis wir ihm folgten, und kamen dann hinter uns drein.

Es ging rechtwinkelig von unserer bisherigen Richtung ab, nach rechts hinüber. Er schaute sich nicht ein einziges Mal um, ob wir ihm folgten. Er ritt Galopp; wir galoppierten demzufolge auch. Sein weißes Kopftuch flatterte. Der lange, volle Schweif seines Halbbluthengstes wehte hinter ihm her. So ging es eine Berglehne hinauf und drüben wieder hinunter, wo ich an das Tal des Zab erinnert wurde. Da lagen steinerne Häuser und Hütten mit glatten [platten] Dächern weitum zerstreut, dazwischen Zelte von vieler Art der Farbe und des Baues. Das war wohl der Hauptort des Stammes. Es wohnten da viele Menschen. Die standen und schauten uns nach, als wir wie im Sturme vorüberflogen, durch den ganzen, lang gestreckten Ort hindurch, auf ein höher gelegenes, größeres Gebäude zu, um welches mehrere kleinere Zelte standen, die augenscheinlich zu ihm gehörten. Das war die Residenz des Scheikes, der hier anhielt, vom Pferde sprang und, ohne zunächst uns Andere zu beachten, zu Merhameh trat, um ihr vom Pferd zu helfen. Sie nahm dies als ganz selbstverständlich hin, obwohl sie sonst gewohnt war, sich ohne Hilfe aus freier Hand herabzuschwingen.

„Welches ist das Zelt, in dem dein Harem seine Gäste unterbringt?“ fragte sie.

„Dort,“ antwortete er, nach der betreffenden Richtung deutend.

„So melde Eurer Herrin, wo ich bin!“

Nach diesen Worten schritt sie dem Zelte zu. Er schaute ihr mit großen Augen nach, legte die Hand an seine Stirn und sagte, wie zu sich selbst:

„Wo sah ich sie doch schon? Und wann?“

Er war ein Mann von über fünfzig Jahren, hoch und kräftig gebaut, mit vollem Bart und kühn geschnittenen, sehr sympathischen Gesichtszügen, bei jedem Schritt und bei jedem Wort von unverleugbarem Adel. Kurz und bestimmt erklangen die Befehle, die er den herbei eilenden Dienern gab, um für uns zu sorgen. Ich bekam mit Halef ein ganzes, sehr gut eingerichtetes Zelt angewiesen, neben dem es einen besonderen eingefriedigten Raum für unsere Pferde gab, für die man ebenso ausgiebig sorgte wie für uns selbst. Nur eine kurze halbe Stunde wurden wir uns selbst überlassen, um uns zu waschen und von dem Staub der Reise zu reinigen. Dann wurde uns gemeldet, daß das Essen bereitet sei. Es verstand sich ganz von selbst. daß das sehr reichliche Mahl, welches uns dann gehoten wurde, nicht in dieser halben Stunde herzustellen gewesen war. Man hatte es für einen schon vorher vorhandenen Zweck bestimmt, und wir waren nur durch das, was man den Zufall zu nennen pflegt, dazugekommen, mit daran teilzunehmen.

Der Bote, der uns holte, führte uns nach dem großen Innenhof des Hauses, der auf drei Seiten von Gebäuden eingefaßt wurde, auf der vierten aber offen stand. An diese Oeffnung schloß sich eine Anhöhe, auf deren Kuppe ein kreisförmiger Ring von großen Steinen lag, die als Sitze zu dienen hatten. Das war jedenfalls der Gerichtsplatz des Ortes, an welchem die Dschem­ma ) der Münazah ihre Sitzungen

) Versammlung der Aeltesten.

hielt. Wie es schien, war so Etwas auch für heut geplant, denn die Anhöhe war von Menschen besetzt, die etwas Wichtiges zu erwarten schienen, und das konnte doch wohl kaum nur unser Essen sein.

Im Hofe war für das Mahl gedeckt, und zwar nicht auf Tischen, sondern an der Erde. Da lagen zwei große, aneinander geschobene Teppiche mit siebzehn Sitzkissen rund herum. Auf den Teppichen gab es geflochtene und metallene Platten und Unterlagen, die jetzt noch leer waren, doch standen die Diener bereit, die Speisen zu bringen, sobald keiner der Gäste mehr fehlte. Geladen waren die zwölf Ältesten des Stammes, Merhameh, Halef und ich. Die Ältesten waren vollständig versammelt; der Scheik stand bei ihnen. Und eben als ich mit Halef in den Hof trat, kam auch die Frau des Scheikes mit Merhameh herbei. Bei den Münazah war es den Frauen also nicht verboten, sich unverschleiert zu zeigen und an den Mahlzeiten der Männer teilzunehmen. Der Scheik stellte uns zunächst seine Frau und dann die Ältesten vor. Die Frau war in feines, indisches Linnen gekleidet. In ihrem Haare glänzten goldene und silberne Ketten und Münzen. An ihren Hand- und Fußgelenken klirrten schwere Spangen. Man sah ihr an, daß sie stolz auf diese Schmuckstücke war und ebenso wohl auch auf die hohe, imponierende Gestalt, durch die sie sich vor den andern Frauen, die wir sahen, auszeichnete. Dennoch richteten sich aller Augen nicht auf sie, sondern auf Merhameh, die zwar in einfachen, billigen Stoff gekleidet und ohne jedweden künstlichen Schmuck an ihrer Seite stand, aber trotz alledem nicht weniger imponierte.

Die Vorstellung geschah in orientalisch würdevoller Weise, mit Nennung aller möglichen Vor-, Zu- und sonstigen Verwandtschaftsnamen. Ich hatte sie natürlich zu erwidern. Ich tat dies, indem ich nicht von oben anfing, nämlich bei Merhameh, sondern von unten, bei Halef. Als die Münazah seinen langen Namen erfuhren, und daß er der vielgenannte Scheik der Haddedihn sei, sahen sie ihn schon mit andern Augen an, als bisher. Über mich ging ich schnell hinweg, indem ich nur sagte, daß ich ein Effendi aus Deutschland sei.

„Aus Dschermanistan bist du?“ fragte der Scheik. „Das kenne ich! Da wohnen viele gelehrte Menschen und viele Christen, die wirklich Christen sind. So ist es kein Wunder, daß du Gast im Hause Abd el Fadls geworden bist. Kennst du Merhameh, seine Tochter?“

„Ja.“

„So meint es Allah gut mit dir. Denn wer sie kennt, dem ist die Erinnerung an sie wie immerwährender Sternenglanz oder wie erquickender Rosenduft, der nie vergeht. Ich sah sie nur einmal. Sie war noch Kind, vielleicht zwölf Jahre alt. Das war beim damaligen Mir von Ardistan. Wir hatten uns gegen ihn empört und waren in seine Hand geraten, mein Vater, mein Bruder und ich. Unser Leben war verwirkt. Wir sollten erschossen werden. Schon standen wir auf dem Richtplatze. Rund um uns saßen die Richter auf den Steinen, bei ihnen der Mir, der nur die Hand zu erheben brauchte, so hätten die Schüsse gekracht. Da kam Merhameh, das wunderbare Kind, herbeigesprungen und hielt ihm diese Hand. Sie sprach zu ihm, wie nur die Engel sprechen. Sie bat, wie nur die Erde bittet, wenn sie um Regen auf zum Himmel schmachtet. Sie griff ihm mutig in das harte Herz. Sie rang mit ihm. Nicht wie ein Kind, wie eine Riesin kämpfte sie für uns. Und daß ich dir es heut erzählen kann, Effendi, ist der Beweis, daß er, der Mächtige, der Starke, der Tyrann, ihr unterlag. Sie siegte. Er gab uns frei! Es war das erste und das letzte Mal, daß ich sie sah. Ob ich sie wiederkennen würde, wenn sie mir heut begegnete, das weiß ich nicht. Ich glaube, kaum. Denn ihr schönes, liebes Kinderantlitz hat in mir die Züge eines Wesens angenommen, das niemand, auch ich selbst nicht mehr, mit dem Auge des Körpers erfassen

kann. Darum bitte ich dich, Effendi, sie mir zu beschreiben. Wie ist ihr Gesicht nun jetzt? Ihre Haltung, ihr Gang, ihre Stimme? Hat sie vielleicht von uns gesprochen, oder — — —“

„Nein,“ unterbrach ich ihn. „Sie spricht niemals von dem, was sie tat und gab. Man kann es nur, so wie auch jetzt, von andern Leuten hören. Aber die Beschreibung sollst du haben. Und zwar eine so lebendige und so treffende Beschreibung, daß du gewiß überzeugt sein wirst, die Person vor dir zu haben. Ich bin ja noch nicht fertig, dir zu sagen, wer wir sind. Schau, hier steht Merhameh, die Tochter meines Freundes Abd el Fadl, des Fürsten von Halihm!“

Er trat in höchster Überraschung einige Schritte zurück, schaute die Errötende mit frohem Auge an und rief:

„Maschallah! Welch ein Wunder, und aber doch kein Wunder! Also darum, darum kamst du mir sogleich bekannt vor! Und darum, darum mußte ich dich grüßen, obgleich ich gar nicht wollte! Du bist's, du bist's; jetzt sehe ich es erst! Meine Retterin! Die Retterin meines Vaters, meines Bruders!“

Er trat auf sie zu, beugte sich vor ihr bis auf die Erde nieder, küßte den Saum ihres Gewandes und fragte:

„Weißt du noch, was wir dir versprochen? Was wir dir nachriefen, als du davon eiltest, um unserm Danke zu entfliehen?“

„Ja,“ lächelte sie, indem sie ihn zwang, sich wieder aufzurichten.

„So sage es mir! Sage es mir wörtlich!“

„Dein Vater rief: „Bitte dereinst von mir, was du willst, es soll dir werden!" Du riefst: "Es soll dir von mir und meinem Stamme werden, es sei, was es sei!" Und dein Bruder rief: "Es soll dir von

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Mit dem Angesicht nach der untergehenden Sonne gerichtet stand Masuhl fest und aufrecht.

uns Allen werden, es sei Leben oder Tod!“ Du hörst, ich weiß es noch.“

„Ja, du weißt es noch. So sagten wir wörtlich. Und was wir versprochen, das ist, als ob es Allah versprochen worden sei. Mein Vater starb; mein Bruder — — —“ er hielt inne, fuhr aber dann fort: „Mein Bruder ist nun auch tot; aber ich bin ihr Erbe; ich habe auch ihr Versprechen geerbt und muß es nun dreifach halten.“

Er wendete sich zu den Ältesten, indem er fortfuhr:

„Meine Ehre ist auch Eure Ehre. Ich weiß, der ganze Stamm tritt für unser damaliges Versprechen

ein. Ist es so oder nicht?“

„Es ist so! Wir halten es! Wir treten ein!“ rief es im Kreise der zwölf Stammesrichter, und sie alle näherten sich Merhameh, um nach dem Beispiele ihres Scheikes den Saum ihres Gewandes zu küssen.

Daß wir unter diesen Umständen das Mahl in sehr gehobener Stimmung begannen, ist selbstverständlich. Merhameh wurde hoch geehrt. Es war, als ob eine Königin unter uns sitze. Sie wurde von zwei Söhnen des Scheikes, die schon über zwanzig Jahre zählten, persönlich bedient und nahm dies aber so außerordentlich anspruchslos entgegen, daß sie mit dieser Bescheidenheit den aufkeimenden Zorn der Frau des Scheikes entwaffnete. Welchen Zweck diese Versammlung ursprünglich und eigentlich hatte, das erfuhren wir während des Essens nicht; aber es mußte etwas sehr Wichtiges sein, denn es versammelten sich draußen immer mehr Leute, aber lauter Erwachsene; kein einziges Kind war dabei. Dann aber, als wir zu Ende waren und uns die Hände mit zerschnittenen Zitronen gewaschen hatten, teilte uns der Scheik mit, daß es sich um einen Akt der Gerechtigkeit, um eine Exekution handle.

„Wir haben eine Bintrache gegen den Stamm der Manazah,“ sagte er. „Der Bruder des Scheikes der Manazah hat meinen Bruder erschossen, nicht aus Versehen, sondern mit Absicht, aus dem Hinterhalte, einer elenden Beute wegen. Darum wurde den Manazah der Friede aufgesagt. Wir haben einen Hinterhalt gelegt, um den Mörder abzulauern. Es ist uns gelungen, ihn gefangen zu nehmen. Heut wird er erschossen, grad in dem Augenblick, an welchem die Sonne untergeht. Das ist die von der Natur vorgeschriebene Zeit der Beendigung des Lebens. Zu diesem Zwecke sind wir hier versammelt. Seht, da bringt man ihn!“

Zwei Münazah brachten den Gefangenen aus dem Hause, wo er eingesperrt gewesen war. Er sollte hinaus nach der Gerichtsstelle geschafft und dort erschossen werden. Das Urteil war schon gesprochen. Er hieß Ali Ben Masuhl und war ein hagerer, dünnbärtiger Mann von echtestem Beduinenhabitus, im Alter von zwischen vierzig und fünfzig Jahren. Als er an uns vorüberkam und die beiden Frauen sah, riß er sich für einige Augenblicke von seinen Begleitern los, sprang auf die Frau des Scheikes zu, faßte mit den beiden gefesselten Händen den Aermel ihres Gewandes und rief:

„Beschütze mich; beschütze mich; beschütze mich!“

Nach dieser Berührung, die nicht verhindert worden war, und der dreimaligen Aufforderung, ihn zu beschützen, war sie nach den Gesetzen des Landes verpflichtet, Alles daran zu setzen, um seinen Tod zu verhüten. Auf diese Weise retten sich Verurteilte, wenn ihnen keine andere Hoffnung bleibt, zuweilen noch in den Schutz der Frauen, der von den Männern ganz unbedingt beachtet werden muß. Diese Frau aber riß sich von ihm los, streckte beide Arme abwehrend gegen ihn aus und antwortete:

„Fort mit dir! Stirb, und verflucht sei deine Seele!“

Da trat er von ihr weg und ließ sich wieder ergreifen. Der Blick, den er auf sie warf, schauert mich noch heut! Und noch jemand trat von ihr weg, nämlich Merhameh. Sie sagte kein Wort, aber sie hat, so lange wir noch bei den Münazah waren, keinen einzigen Blick mehr auf dieses kalte, erbarmungslose, goldgeschmückte Weib geworfen. Sie ging langsamen Schrittes dem Richtplatze zu, ganz allein. Wir beide, Halef und ich, folgten hinter ihr her. Man machte ihr und uns ehrerbietig Platz, denn es hatte sich blitzschnell herumgesprochen, wer sie war.

Der Scheik bildete mit seinen zwölf Ältesten den Kreis, indem sie sich auf die schon erwähnten Steine setzten. Ali Ben Masuhl wurde in die Mitte dieses Kreises gestellt, mit dem Angesicht nach der untergehenden Sonne gerichtet. Er stand fest und aufrecht. Es war nicht das geringste Zeichen von Todesfurcht an ihm zu bemerken. Ihm gegenüber, außerhalb des Kreises, hockten die drei gewöhnlichen Münazah, die ihn zu erschießen hatten. Wir drei, Merhameh, Halef und ich ließen uns auf drei freigebliebene Sitze nieder. Rund um uns saß oder lag das Publikum, die Augen nach dem verhängnisvollen Platz gerichtet. Es wurde gewartet, bis der untere Rand der Sonnenscheibe den Horizont beinahe berührte. Da erhob sich der Scheik, um zu sprechen. Er hielt eine kurze, sachgemäße, von allen sonst gebräuchlichen Schimpf- und Schandwörtern freie Rede über die zwischen den beiden Stämmen herrschende Feindschaft, über die Ermordung seines Bruders, über die Ergreifung des Mörders und das ausgesprochene Todesurteil. Dann fragte er Ali Ben Masuhl, ob dieser den Beistand des Imahm ) verlange oder vor seinem Tode sonst noch einen Wunsch habe. Der Gefragte bat, ihm seinen muhammedanischen Rosenkranz aus der Tasche zu nehmen und in die Hand zu geben. Weiter wolle er nichts. Dann möge man schießen.

„Es ist nicht wünschenswert, auf einer Erde weiterzuleben, auf welcher nicht einmal mehr das Weib Erbarmen hat!“ fügte er hinzu.

) Geistlichen.

„Hattest du Erbarmen mit meinem Bruder?“ fragte der Scheik, indem er nach der Sonne sah, die schon zur Hälfte verschwunden war.

Schon setzten sich die drei Schützen fest in die Kniee und legten die Gewehre an, um sicheres Ziel zu nehmen. In der nächsten Minute mußte das Kommando fallen. Da stand Merhameh von ihrem Sitze auf und rief:

„Halt! Noch gibt es auf dieser Erde Frauen, in deren Herzen das Erbarmen wohnt. Und noch gibt es auf ihr Männer, deren Wort so heilig ist wie Allahs Schwur!“

Sie zog mir das Messer aus dem Gürtel, ging auf den Verurteilten zu, stellte sich grad vor ihn hin und sprach, an den Scheik gewendet, mit erhobener Stimme:

„Grad so wie hier war es bei dem Mir von Ardistan: Rundum die Richter sitzend und er bereit, das letzte Wort, das Todeswort, zu sprechen. Da sandte mich Allah zu Eurer Hilfe und gab mir Worte und Begeisterung, das harte Herz des Herrschers zu erweichen. Ihr wurdet frei. So sei auch dieser frei! Ich fordere ihn von dir, von Euch, vom Stamm der Münazah. Ich halte Euch bei jenen drei Versprechen, die Ihr mir damals nachgerufen habt und heute wiederholtet! Seid Ihr etwa gewillt, sie mir zu brechen?“

Sie sah sich im Kreise um. Niemand antwortete. Ich hatte das, was sie tat, erwartet. Diesen Leuten aber kam es so überraschend, daß sie zunächst nicht wußten, was sie sagen sollten. Da schnitt sie dem Gefangenen die Fesseln durch, so daß er die Hände frei bekam, brachte ihn zu mir herbeigeführt, gab mir mein Messer wieder und sprach, so daß die Richter alle es hörten:

„Ich übergebe ihn dir, Effendi, doch nur einstweilen. Führe ihn von dieser Stelle fort, und beschütze ihn. Ich fordere ihn von dir zurück, so heil, wie ich ihn dir jetzt übergebe!“ — — —

       

Ein sprühendes Leuchten zuckte im Westen auf, um funkelnd nach dem Osten hinzugrüßen. Die Sonne war verschwunden, doch Ali Ben Masuhl lebte noch. Tiefe Stille herrschte rundum. Ich nahm ihn bei der Hand, um mich mit ihm zu entfernen. Jeder hatte gesehen, was geschehen war, aber Keiner wagte es, sich ihm und mir entgegenzustellen. Man machte uns Platz, erstaunt, betroffen, zögernd, aber doch! Da erklang hinter uns die laute Stimme des Scheikes. Das lenkte die Aufmerksamkeit von uns ab auf ihn. Wir erreichten unangefochten unser Zelt. Halef kam hinter uns her.

„Allah sei Dank!“ sagte er. „Hier bei unsern Pferden und Waffen haben wir nichts zu fürchten. Ich werde sofort satteln, um für alles gerüstet zu sein.“ Und sich an Ali Ben Masuhl wendend, fügte er hinzu: „Fürchte nichts! Hier bist du so sicher wie im Schoße Abrahams. Du stehst unter einem Schutz, der stärker ist als die Macht und Tapferkeit aller Münazah zusammen.“

Nach diesen Worten ging er in die Hürde zu den Pferden. Der von dem Tode errettete Manazah schien gar nicht auf das, was Halef gesagt hatte, zu achten. Er stand hochaufgerichtet und lauschend und schaute nach der Höhe zurück, auf welcher jetzt, wie wir deutlich hörten, Merhameh zu der Versammlung sprach. Zwar konnten wir ihre Worte nicht verstehen, aber ihre Gestalt und jede ihrer Bewegungen zeichneten sich um so genauer und bestimmter vom leuchtenden Hintergrunde des Himmels ab. Die Höhe des Richtplatzes lag nach uns herüber schon im Dämmerschatten; ihre von uns abgewandte Seite aber stand im vollsten, schönsten Glanz des Abendrotes. Die Hunderte der Münazah, die am untern Teile des Abhanges lagerten, wurden von keinem Strahle mehr getroffen. Die Ältesten aber hoch auf der Höhe saßen still wie in goldener Flut; um die ragende Gestalt des Scheikes zuckten diamantene Funken, und Merhameh, die auf einen der Sitzsteine gestiegen war, um weiterhin gesehen und gehört

zu werden, schien nicht mehr ein irdisches Geschöpf, sondern ein Wesen aus jener Welt zu sein, in deren Licht sie jetzt zum Volke sprach. Ihre Konturen waren in rosigen Aether getaucht. Ihr Gewand erglänzte, wenn sie im Sprechen sich bewegte, je nachdem die Falten desselben nach der Licht- oder nach der Schattenseite fielen, bald in purpurnen, bald in silberblauen Tönen. Ihr dunkles, nur im Nacken zusammengehaltenes, sonst aber frei, offen und lang herabwallendes Haar schien im Luftzuge wie von unzähligen Rubinen und Smaragden übersät. Und als jetzt eine leichte Wolke sich wie ein Schleier durch das Leuchten zog, hatte es den Anschein, als ob das schöne Fürstenkind von der Erde hinweggenommen werden solle, um mit dem Abendrot im Jenseits zu verschwinden.

Nicht nur ich allein fühlte den tiefen Eindruck dieser so wunderbar bewegten Gestalten, Linien und Farben; sie wurden auch von dem neben mir stehenden Manazah empfunden. Er wendete kein Auge davon ab, holte tief, sehr tief Atem und fragte:

„Wer ist dieses Kind, dieses Mädchen, dieses Weib? Dieses schöne, fremde Wesen, welches ich noch nie gesehen habe und dem die Münazah doch alle gehorchen?“

„Es ist Merhameh, die Tochter des Fürsten von Halihm“, antwortete ich.

„Merhameh, die Barmherzige?“ fragte er, indem sein Auge leuchtete und sein Gesicht einen ganz andern Ausdruck annahm. „Sie, sie, die in den Herzen aller Menschen und in den Versen aller Dichter lebt? Allah, ich danke dir, daß du es mir vergönntest, sie zu sehen, den Blick ihres Auges und den Ton ihrer Stimme in mich aufzunehmen! Nun bin ich frei, frei frei! Kein Münazah kann ihr widerstehen!“

Er setzte sich vor unserm Zelte nieder, und ich nahm an seiner Seite Platz. Halef war mit dem Satteln der Pferde schnell fertig, legte unsere Gewehre zurecht und gesellte sich dann zu uns. Unweit unsers Zeltes gab es in einer weiteren Hürde eine prächtige Asfar-Stute ), die reines, edles Blut zu sein schien. Ich machte Ali Ben Masuhl darauf aufmerksam, daß er möglicher Weise schnell ein Pferd brauche, um zu fliehen, und zwar unter unserm Schutze. Da deutete er nach der erwähnten Hürde und sagte:

„So werfe ich mich auf das beste Pferd des ganzen Stammes, welches du dort stehen siehst. Da holt mich keiner ein. Das meinige ist für jetzt unbrauchbar. Es erlahmte unterwegs an einer Verletzung des Hufes. Das war der Grund, daß es den Münazahs möglich wurde, mich zu fangen. Aber ich glaube nicht, daß ich zu fliehen habe. Wen Merhameh beschützt, den zwingt kein Mensch zur Flucht.“

Er begann, von ihr zu erzählen. Er hatte dabei eine ganz eigene Art, sich auszudrücken. Er sprach nicht nur korrekt, sondern auch enthusiasmiert und in Ausdrücken und Wendungen, die nur auf der Zunge eines Dichters üblich sind. Sein Gesicht verklärte sich. Er stieg in unsern Augen dabei nicht nur äußerlich, sondern auch innerlich an Wert. Er war keinesfalls ein gewöhnlicher Mensch.

Inzwischen brach der Abend herein, aber es war ein heller Abend. Der Mond hatte schon längst am Firmament gestanden und schien nur auf den Sonnenuntergang gewartet zu haben, um zu beweisen, daß auch er ein Spender des Lichtes sei. Man weiß, daß er schon seit undenklichen Zeiten zu der über den ganzen, nächtlichen Himmel verbreiteten Sekte der Magier gehört und in allem, was er tut, zur Heiligung und zur Andacht neigt. So erteilte er auch dem vor uns liegenden Richtplatz und dem, was jetzt dort geschah, jenen geheimnisvollen, magischen Schimmer, der uns zu der Empfindung erhob, daß es sich hier nicht um das kleine Schicksal zweier unbedeutender Beduinenstämme, sondern um eine Darstellung großer, allgemeiner Menschheitsschicksale handle.

Da sahen wir, daß Merhameh die Höhe verließ. Sie kam zu uns hernieder. Ali Ben Masuhl sprang

) Isabellfarben.

auf und holte ein Kissen aus dem Zelt, für sie. Sie verschmähte es nicht, sich darauf niederzulassen. Er aber blieb stehen, an die Stange des Zeltes gelehnt, obgleich sie ihn mit der Hand wiederholt aufforderte, sich wieder niederzusetzen. Sie berichtete:

„Ich habe zu ihnen gesprochen. Ich habe ihnen alles gesagt, was das Menschenherz zu solchem Mord und Frevel zu sagen hat. Nun beraten sie. Der Scheik ist gewonnen. Er wird kommen und uns das Ergebnis mitteilen.“

Hierauf wendete sie ihr Gesicht dem neben ihr Stehenden zu, schaute freundlich zu ihm auf und fragte:

„Ich kenne einen Dichter Ben Masuhl. Aber weder die Münazah noch die Manazah scheinen ihn zu beachten. Ist er vielleicht dir bekannt?“

„Ich bin's,“ antwortete er einfach. „In der Ferne liebt man mich. In der Heimat will mich keiner.“

Also darum wußte er so genau, daß Merhameh „in den Versen aller Dichter lebt“! Sie senkte den Kopf und schwieg eine kleine Weile. Dann sagte sie:

„So kann nicht ich, sondern nur du allein dich retten — — — wenn Allah es will! Begreifst du das?“

„Nein,“ antwortete er.

„Du wirst es begreifen lernen, falls du wirklich Dichter bist. Die Zeiten sind vorüber, in denen die Poesie des Raubes und des Mordes durch die Steppen ritt und unter den Zelten der Wüstenstämme kampierte. Kein Räuber und Mörder darf sein Gesicht mehr hinter der Heldenlarve verstecken. Du bist jetzt Dichter und Mörder, aber nicht mehr Dichter und Held. Und wo Menschen dir verzeihen, darf Allah dir nicht verzeihen. Merke dir eines: Die Gnade und Barmherzigkeit ist nur für innerlich kleine Leute; wer aber groß zu denken und groß zu werden hat, der bleibt der göttlichen Gerechtigkeit nicht einen Para schuldig. Ich kann dich heut nur körperlich befreien, doch vor Allah bist du Gefangener, bis du bezahlst, was du ihm schuldig bist. Dichter haben groß zu sein; vor allen Dingen in sich selbst. Wer so, wie sie, das edelste Gold und die herrlichsten Diamanten aus voller, freier Hand verschenkt, hat nicht das Recht, der Schuldner Gottes zu sein. Darum frage ich dich noch einmal: Ist dir der Dichter Ben Masuhl bekannt? Bist du es wirklich? Oder bist Du es nicht?“

Er war still. Es verfloß eine längere Zeit im Schweigen. Dann holte er tief Atem und sprach:

„Allah sei es, der entscheidet und dir beantwortet, was du mich fragst!

Da machte sich oben auf dem Gerichtsplatze eine Bewegung bemerklich. Die Beratung war bis zu einem gewissen Abschlusse gelangt. Der Scheik kam herab, um ihn uns mitzuteilen. Man war damit einverstanden, daß Ali Ben Masuhl freizugeben sei, sofort und vollständig frei, aber nur, um das Versprechen einzulösen, welches man Merhameh beim Mir von Ardistan gegeben hatte. Die Todfeindschaft mit den Manazah aber solle bestehen bleiben, der Kampf mit ihnen beginnen. Da erhob sich Merhameh von ihrem Platze.

„Komm wieder mit hinauf!“ bat sie den Scheik. „Wenn die Barmherzigkeit durch Liebe nichts erreicht, kann sie auch drohen. Wenn sich die Münazah etwa für Götter halten, muß ich ihnen zeigen, daß sie Menschen sind! Die umliegenden Völker sind es müd geworden, nur immer die Waffen klirren zu hören. Ich habe zu warnen! In kurzer Zeit bin ich wieder hier und werde dann sofort zur Ruhe gehen, denn morgen brechen wir beizeiten auf. Sagt, bitte, das dem Diener!“

Sie kehrte mit dem Scheik nach der Höhe zurück. Halef holte den Diener, der ihr im Zelt die Lagerstatt bereitete und sich dann vor den Eingang niederlegte, um, selbstlos wie ein wachsam treuer Hund, ihr Schutz und Schirm zu sein. Als droben ihre Stimme wieder erklang, war es ein sehr energischer Ton, in dem sie sprach; das hörten wir. Und, wie sie gesagt hatte, kam sie sehr bald wieder. Sie gab

uns allen dreien die Hand, uns gute Nacht zu sagen, und fügte hieran den Bescheid:

„Es ist erreicht. Ich habe ihnen die Folgen gezeigt. Bei wem vorher das Herz nicht zu rühren war, bei dem wirken nun die Einsicht und der Verstand.“

Sie zog sich in ihr Zelt zurück, und kaum war dies geschehen, so verteilten sich die Ältesten unter das Volk, um die Nachricht zu verbreiten, daß Friede zwischen den Münazah und Manazah gefordert werde und von den mächtigen Nachbarstämmen gedroht worden sei, daß sie sich diesen Frieden nötigenfalls erzwingen würden. Dann ergoß sich das Volk unter lärmenden Rufen von der Höhe in das Tal, um heimzukehren. Wir aber erhielten diese Kunde von dem Scheik selbst, der sich in diesen Ausgang der Sache vollständig gefunden hatte, obgleich, wie ich nach und nach immer deutlicher merkte, der Grund alles Übels in seinem eigenen Hause lag, in seiner eigenen, herrschsüchtigen, stolzen — — — Frau!

Wir gefielen ihm, und er uns auch. Er lud uns nicht zu sich, sondern sich zu uns in unser Zelt, wo wir bis nach Mitternacht bei der Wasserpfeife und beim frugalen Spätessen saßen und uns lebhaft unterhielten. Nicht etwa über gewöhnliche Dinge, o nein! Sondern über Fragen, die teils nach der Tiefe, teils nach der Höhe forschen. Der Morgenländer liebt es ganz besonders, sich mit derartigen Dingen zu beschäftigen, während der Abendländer sie am liebsten dem Fachgelehrten oder Fachbeamten überläßt. Im Laufe dieser Unterhaltung zeigte sich der Scheik als ein wohlunterrichteter, vorurteilsfreier Mann, der einem einmal gefaßten Entschlusse die beste Seite abzugewinnen wußte. Nun man sich einmal für die Aussöhnung der beiden Stämme entschieden hatte, war er auch gleich ganz Feuer und Flamme dafür und zu jedem hierauf bezüglichen Entgegenkommen bereit. Er befreundete sich mit seinem bisherigen Gefangenen in ebenso schneller wie aufrichtiger Weise, zumal wir beide, Halef und ich, alles Mögliche taten, diesen Friedensschluß zu beschleunigen. Hierbei wurde der Bruder unsers Dichters, nämlich der Scheik der Manazah, des öfteren erwähnt, und da hörten wir leider, daß er ein harter, eigenwilliger Mann sei, bei dem es wohl nicht ohne innere Kämpfe hergehen werde, sich für die Beendigung der Feindschaft zu entscheiden. Er schien in jeder Beziehung ein ausgesprochener Egoist zu sein und an seinem ganzen seelischen Körper nur einen einzigen warmen, sympathischen Punkt zu besitzen, und das war die Liebe zu seinem Bruder, demselben, der heute abend hier bei uns saß. Auf diesen einzigen Punkt allein konnte sich die Hoffnung gründen, daß die Pacifikation der beiden Stämme zu ermöglichen sei.

Ali Ben Masuhl stimmte auch ganz für diese Aussehnung [Aussöhnung]; er hatte ja an sich selbst erfahren, wohin die Feindschaft führt; aber er war stiller als der Scheik. Die ihm angeborene, schöne Begeisterungsfähigkeit trat heut hinter den Ernst der Gedanken zurück, die Merhameh in ihm in das Leben gerufen hatte. Sie füllten ihn innerlich aus, das sah man ihm an, und diese Einkehr in sich selbst ließ ihn so seelisch bedrängt, so rührend hilfsbedürftig erscheinen, daß ich mich herzlich zu ihm hingezogen fühlte. Ganz ebenso erging es dem Scheik, der während des Gespräches sehr oft, ohne eigentlich zu wollen, seine Hand ergriff, um sie ihm zu drücken.

Was uns selbst nun im besonderen betrifft, so war unsere Abreise für den zeitigen Morgen beschlossen. Der Scheik der Münazah bat, uns bis an die Grenze seines Gebietes begleiten zu dürfen. Dann sollten wir für morgen abend die Gäste der Manazah sein, mit deren Scheik er den Friedensabschluß besprechen wollte, und hierauf sollten wir von unserm Dichter und seinem Bruder bis an die Weideplätze des nächsten Stammes unter Schutz genommen werden. Wie gut und aufrichtig der Scheik es mit seinem bisherigen Todfeinde meinte, war daraus zu ersehen, daß er, als dieser sein lahm gewordenes Pferd erwähnte, zu ihm sagte:

„Das kannst du natürlich nicht reiten. Es bleibt hier bei mir, bis sein Huf gesundet ist. Ich borge dir meine Isabelle. Sie ist das Köstlichste, was ich besitze. Du siehst, ich habe dich lieb.“

Als wir dann auseinandergingen, hörte ich, daß Ali Ben Masuhl auch eines der leeren Zelte angewiesen bekam. Später aber trat ich, ehe ich mich niederlegte, noch einmal vor das meinige, um nach dem Wetter auszuschauen, und da sah ich, daß er auf das Zelt verzichtet hatte und demjenigen von Merhameh gegenüber an der Mauer des Hauses saß, um kein Auge von dem Dache, unter dem sie ruhte, zu verwenden. Halef sah das auch und sagte:

„Seine Seele spricht mit ihrer Seele. O, Effendi, wenn die Menschen doch wüßten, wie heilig so ein inneres Leben ist!“

Die Sonne war eben aufgegangen, als wir am nächsten Morgen die Residenz Omar Ben Amarah's verließen. Das heißt, sie war zwar aufgegangen, aber wir sahen sie nicht. Sie verbarg sich hinter einem häßlichen, dicken, schmutzig gelbroten Schleier. Wir hatten einen jener bösen Tage vor uns, an denen die Luft mit feinstem Sand geschwängert ist und man sich Auge, Mund und Ohr verhüllen muß, um diese edlen Organe zu beschützen. Darum steckten wir alle so tief in unsern Mänteln, daß von uns fast nichts zu sehen war als eben nur diese Mäntel. Und das hielt nicht nur den ganzen Tag an, sondern es verschlimmerte sich am Nachmittage so, daß wir unsere Pferde öfters ruhen lassen mußten und nur ganz langsam vorwärts kamen. Es war ein Tag, wie extra dazu gemacht, daß ein großes schweres Unglück an ihm geschehe. Darum war ich gestern, ehe ich mich schlafen legte, noch einmal aus dem Zelte getreten, um nach dem Himmel zu sehen. Jedes Wetter schickt für den, der es fühlt, seine Vorahnung voraus.

Merhameh hielt sich wacker. Diese schwere Atmosphäre schien ihr leichter zu werden als uns Männern. Sie ritt während der ganzen Zeit fast stets zwischen dem Scheik und Ali Ben Masuhl, welcher, wie verabredet worden war, auf der isabellfarbenen Stute saß, und unterhielt sich mit ihnen, so gut es eben bei der dichten Verhüllung ging. Später erfuhr ich von dem Scheik, daß es nur kurze Fragen und kurze Antworten gewesen waren, aber von heiligem, edlem Klange. Wenn wir einmal anhielten und ich einen Blick auf Ben Masuhl bekam, fiel mir das tiefe, schwärmerische Leuchten seines Auges auf. Weil diese drei zusammenhielten, war ich auf meinen Halef angewiesen, doch gönnte ich den beiden Männern unsere herrliche Merhameh von ganzem Herzen gern. Ihr Diener kam mit einer kleinen Schar von Münazah, bei denen sich drei Älteste befanden, hinterher. Diese drei sollten sich an der Friedensbesprechung mit dem Scheik der Manazah beteiligen.

Der in der Atmosphäre schwebende Sand belästigte unsere Pferde so sehr, daß wir darauf verzichten mußten, das eigentliche Ziel unseres heutigen Rittes zu erreichen. Es wurde beschlossen, die Nacht beim Grabe eines muhammedanischen Heiligen zuzubringen, welches fast genau an der Grenze zwischen den Gebieten der beiden Stämme lag, und zwar in einem kleinen Wäldchen, in dem man einigermaßen Schutz vor dem Wetter finden konnte. Es war am späten Nachmittag, als wir die Gegend, in welcher das Grab lag, erreichten. Wir konnten es nicht von Weitem sehen. Wir befanden uns in einer vielgewundenen Felsenschlucht, und als wir um eine dieser Windungen bogen, stand es ganz plötzlich vor uns, zweihundert Schritte entfernt, eine enge Tür, vier weißgetünchte Mauern, ein plattes Dach darauf und im Innern nichts, als nur die kahlen Wände. Auf beiden Seiten und hinten wurde es von spärlichen Sykomoren, Schwarzhölzern und dürrem Gestrüpp eingefaßt. Wir lenkten nach ihm ein. Das Gebäude bot uns Unterkunft für Merhameh, und wir Männer fanden wohl im Wäldchen alle Platz. Der Scheik, Ben Masuhl und Merhameh ritten auch jetzt voran. Wir sahen keinen Menschen. Da aber

trat aus der Tür des Grabes eine hohe, männliche Gestalt mit einem Gewehre in der Hand. Die hob den Arm und rief uns entgegen:

„Seid gegrüßt, Ihr Münazah! Sei gegrüßt, Omar Ben Amarah, du Mörder meines Bruders! Ich bin Hassan Ben Masuhl, der Scheik der Manazah, und fordere deine Seele. Drauf, Ihr Krieger, drauf! Fangt sie lebendig, alle, alle!“

„Halt, halt! Du irrst!“ rief ich ihm schnell zu.

Aber schon hatte er sein Gewehr angelegt, der Schuß krachte, und der, den er für den Scheik der Münazah hielt, weil er auf der Isabella saß, bekam einen Ruck, warf die Arme in die Luft und glitt vom Pferde. Zu gleicher Zeit kam hinter dem Wäldchen, wo sie versteckt gewesen war, eine Schar von wohl sechzig Reitern hervor, die uns umzingelten. Zu einem

Kampfe aber kam es nicht, denn es fiel keinem von uns ein, sich zu wehren. Es gab weiter nichts als ein ungefährliches, schnell vorübergehendes Gewühl; dann hielt ein jeder still auf seinem Pferde. Die Feinde waren überrascht von unserer Ruhe. Ihr Anführer kam herbei, ganz ebenso überrascht. Der Scheik der Münazah ritt ihm einige Schritte entgegen, warf sich die Kapuze aus dem Gesicht und fragte:

„Deine Kugel galt wohl mir?“

„Du, du?“ rief der unglückliche Schütze betroffen. „Omar Ben Amarah! Du lebst?“

„Ich lebe noch! Bitte Allah, daß auch dieser lebt! Geh hin, und schau ihn an!“

Er deutete auf den Verwundeten, der vom Pferd geglitten war und an der Erde lag. Ich kniete schon bei ihm und öffnete ihm den Mantel, die Jacke und die Weste. Die Augen waren geschlossen. Die absolut tödliche Wunde lag in der Nähe des Herzens. Sie blutete nicht.

„Mein Bruder, mein Bruder!“ schrie der Scheik der Manazah, als er sah, wer es war, auf den er geschossen hatte.

Illustration2
„Halt, halt! Du irrst!“ Aber schon hatte er sein Gewehr angelegt, der Schuß krachte, und Ali Ben Masuhl sank vom Pferde …

Er wollte sich auf ihn werfen; ich aber schob ihn zurück und befahl:

„Schweig! Jammere nicht! Und rühre ihn nicht an! Du hast nur allzu gut getroffen. Raube ihm nicht die letzten Augenblicke, die ihm noch bleiben! Folge uns! Komm, Halef, faß mit an!“

Halef war der Einzige, auf dessen Geschickliehkeit ich mich verlassen konnte. Er sprang vom Pferde. Wir nahmen den Verletzten vorsichtig auf und trugen ihn in das Innere des Grabes. Dort legten wir ihn nieder. Die Kugel war ihm durch und durch gegangen. Am Rücken floß Blut. Sein Bruder folgte, zusammengebückt wie ein Träumender. Hinter ihm kam der Scheik der Münazah, dem der Schuß gegolten hatte. Ich führte die beiden Todfeinde zu dem Sterbenden hin und ging dann nach der Tür, um Merhameh

herbeizuwinken. Sie kam. Ihr Gesicht war bleich, aber ihr Auge groß, voll tiefen Glanzes und still.

„Soll ich dabei sein?“ fragte sie.

„Du vor allen Dingen,“ antwortete ich. „Komm her zu ihm, damit sein letzter Blick dich gleich zuerst erfasse!“

Sie tat es. Sie kniete bei ihm nieder. Wir warteten. Draußen waren die Reiter alle abgestiegen. Die Münazah und die Manazah standen leise flüsternd bei einander. Ein einziger Schuß hatte diese flüsternde Ruhe hervorgebracht. Die einen erfuhren von den andern, wie grundlos dieser Schuß gewesen war. Schmutzig gelb, fast zu greifen, wälzte sich draußen die sandige Luft vorüber. Todesfahl drang das dicke Licht wie ein schadenfrohes Grinsen zur schmalen Tür herein. Schon gestern sollte er sterben, der da am Boden lag, und heute starb er wirklich. Nur ein einziger Tag wurde ihm geschenkt. Wozu? Indem ich dies dachte, öffnete er die Augen. Er sah Merhameh vor sich knieen. Sein Blick leuchtete auf. Er schaute an ihr nieder. Er bemerkte das rote Blut, welches unter ihm hervor dem Lager zu entrinnen suchte. Da fühlte er die Wunde. Die Erinnerung kam. Er erschrak nicht. Er hob die

eine Hand und deutete auf Hassan Ben Masuhl, den Scheik der Manazah. Er erhob die andere Hand und deutete auf Omar Ben Amarah, den Scheik der Münazah.

„Reicht Euch die Hände!“ bat er. Sie taten es. „Ich liebe Euch,“ fuhr er fort. „Seid Brüder im Leben, wie ich im Tode noch Euer Bruder bin!“

Man sah, er wollte tief Atem holen, wagte aber nicht, es zu tun. Er faltete die Hände.

„Merhameh,“ sagte er. „Weißt du noch, was du sagtest? Gestern abend?“

„Ich weiß es,“ antwortete sie.

„Ist es mir gelungen, mich selbst zu retten?“

„Ja, Allah hat es gewollt.“

„Habe ich bezahlt?“

„Soeben tust du es. Du bist dein eigener Preis.“

„So bin ich frei?“

„Frei bist du, frei!“ antwortete sie. Das klang wie ein Schluchzen, und doch war es auch wie ein Jubel.

Da holte er tief, tief Atem und rief mit lauter Stimme:

„Allah sei Preis gesagt!“ Und mit wieder leiser und immer leiser werdender Stimme fügte er hinzu: „Und dir sei Dank, o Merhameh — — — o Mer — — ha — — — meh — —!“

Seine Brust hob und senkte sich noch zwei-, dreimal — — — — da nahm Merhameh mich bei der Hand und bat:

„Komm, Effendi! Stören wir nicht den Tod, wann [wenn] er vom Himmel niedersteigt, die Lebenden zu versöhnen!“

Wir gingen hinaus.

       

Für diejenigen Leser, welche sich nicht mit dem innern, psychologischen Schluß einer Erzählung begnügen, sondern gern auch jedes äußere Fältchen ausgeplättet haben wollen, füge ich noch Folgendes hinzu:

Es darf nicht verwundern, daß Ali Ben Masuhl zuerst als Blutsfeind erschossen werden sollte und dann kurz darauf von dem Scheik der Münazah als Freund behandelt wurde. Bei den dortigen Beduinen gehören Raub und Mord zu den ritterlichen Werken. Es ist also kein Widerspruch, daß man einen Mörder persönlich achtet und sogar liebt und doch gezwungen ist, ihn der Blutrache zu opfern.

Ferner war uns nicht mit erzählt worden, daß man Ali Ben Masuhl nicht allein gefangen genommen hatte. Es waren zwei seiner Gefährten mit ergriffen worden, die man aber weniger streng bewacht hatte als ihn. Als sie das Todesurtheil erfuhren, welches schon vorgestern gesprochen wurde, gelang es ihnen, zu entfliehen und heimzukommen. Sie waren überzeugt, daß die Exekution nun schon ausgeführt worden sei, und meldeten das dem Scheik. Dieser rief sofort soviel Krieger zusammen, wie eben vorhanden waren, um den Tod seines Bruders zu rächen, und zog mit ihnen voran. Andere Scharen sollten schnell folgen. Er kam wegen des schlimmen Wetters nur bis an das Heiligengrab, wo übernachtet werden sollte, war aber so vorsichtig, Späher vorauszusenden, die uns begegneten. Sie sahen uns zufällig eher als wir sie, versteckten sich und ließen uns an sich vorüberziehen. Wir waren alle tief eingehüllt, aber als sie die bekannte, isabellfarbene Stute sahen, waren sie überzeugt, daß der darauf sitzende Reiter der Scheik der Münazah sei. Als wir kurze Zeit darauf wieder einmal anhielten, um unsere Pferde ausruhen zu lassen, gelang es ihnen, die natürlich schnell umgekehrt waren, uns unbemerkt zu überholen und dem Scheik Hassan Ben Masuhl

unsere Ankunft zu melden. Denn es verstand sich ganz von selbst, daß auch wir die Absicht hatten, bei dem Grabe des Heiligen zu übernachten. So fand er Zeit, sich vorzubereiten und uns derart zu empfangen, wie ich erzählte.

Sein Charakter stimmte genau mit der Vorstellung überein, die ich mir von ihm gemacht hatte. Er war ein harter, rücksichtsloser und rachgieriger Mann, der aus seinem Leben den Begriff der Verzeihung vollständig ausgestrichen hatte. Er hatte den heutigen Ritt in der festen Absicht unternommen, den vermeindlichen Tod seines Bruders in blutigster Weise zu rächen. Und nun tötete er ihn selbst; nun war er selbst der Mörder! Das wirkte so auf ihn, als ob die Kugel ihn selbst getroffen habe. Nun kauerte er mit dem, den er hatte erschießen wollen, im Grabe bei dem Toten; der eine rechts, der andere links von ihm. Was sprachen sie?

Es verging eine Viertelstunde nach der andern, ohne daß sie sich hören oder sehen ließen. Wir bereiteten die Lager; die Münazah auf der einen und die Manazah auf der anderen Seite des Wäldchens. Der Abend kam. Er brachte andere Luft. Es erhob sich ein Wind, der in kräftigen Stößen die Atmosphäre reinigte, obwohl wir sie in unserer geschützten Lage nicht fühlten. So kam es, daß der Himmel wieder sichtbar wurde. Der Mond erschien. Die weißgekalkten Mauern des Grabes sammelten seine Strahlen und warfen sie uns in zart bläulichen Reflexen zu. Da regte es sich im Innern. Das Leben erhob sich von der blutig feuchten Erde, um sich von dem Tode zu trennen. Die beiden Feinde erschienen unter der Tür. Sie riefen nach Merhameh, die zu ihnen kommen solle, um Zeugin ihres Schwures an der Leiche des Erschossenen zu sein. Sie stieg die Stufen hinauf und ging mit ihnen hinein. Nach einiger Zeit kamen sie wieder heraus, alle drei. Vor dem Eingange blieben sie stehen, von allen gesehen. Omar Ben Amarah erhob seine Stimme:

„Ihr Krieger der Münazah, hört, was Euch Merhameh, die Freundin unserer beiden Stämme, zu sagen hat!“

Und Hassan Ben Masuhl rief:

„Ihr Krieger der Manazah, schaut her zu uns, was Merhameh Euch zeigt!“

Er öffnete seine Arme, zog den Scheik der Münazah an sich und küßte ihn. Sein Kuß wurde dreimal erwiedert. Da deutete Merhameh auf diese vom Monde hell beschienene Gruppe und verkündete in tief bewegtem Tone:

„Allah nur allein ist gerecht. Nimmt der Mensch die Rache in die Hand, so trifft er stets niemand, als nur den eigenen Bruder. Von nun an sei Friede!“

„Sei Friede! Sei Friede!“ riefen die beiden Anführer, indem sie die Hände beteuernd hoben.

„Sei Friede! Sei Friede!“ wiederholten auch Halef und ich.

„Sei Friede! Sei Friede!“ erklang es von den Lippen aller Münazah und Manazah, welche die Trennung ihrer Lagerplätze vergaßen und auf einander zueilten, um dem versöhnlichen Beispiele ihrer Scheike zu folgen.

Seit jener Zeit ist stete Freundschaft zwischen ihnen gewesen. Wenn sich je einmal ein Zwiespalt erhob, der zum Kampfe zu führen schien, so ritten die beiderseitigen Aeltesten zum Grabe des Heiligen, wo Ali Ben Masuhl unter den Sykomoren zur Ruhe bestattet worden war. Da wurde beraten und dabei an Merhameh gedacht. Der eine Stamm hatte dabei ihre Bitten, der andere ihre Warnungen zu wiederholen, und stets hat sich dann dasselbe Resultat ergeben, das sich an dem von mir geschilderten Tag ergab:

„Es sei Friede! Es sei Friede!“

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